Kevelaer Kevelaer hilft dem ärmsten Land

Kevelaer · Zum wiederholten Mal ist Erzbischof Laurent Lompo aus Niger zu Besuch in der Marienstadt. Diese bringe Lösungen für große Probleme auf den Weg. Neues Projekt gibt Frauen eine Perspektive.

 Seit langer Zeit freundschaftlich verbunden (v.l.): Rolf Lohmann, Laurent Lompo und Elke Kleuren-Schryvers.

Seit langer Zeit freundschaftlich verbunden (v.l.): Rolf Lohmann, Laurent Lompo und Elke Kleuren-Schryvers.

Foto: Gerhard Seybert

Er kennt den Hunger. Das Gefühl, nach einem Tag harter Arbeit auf dem Feld nach Hause zu kommen und von der Mutter zu hören, dass es keinen Krümel Essen gibt. Zehn Kilometer zu laufen, ins Nachbardorf, dort eine kleine Portion Hirse zu bekommen, die für die nächsten Tage reichen muss. Erzbischof Laurent Lompo legt die Stirn in Falten, wenn er sich daran erinnert, wie es ihm als jungem Mann erging. Und wie es vielen seiner 17 Millionen Landsleute noch immer ergeht. Niger gilt als das ärmste Land der Welt. Hunger, Armut und die Gefahr durch terroristische Gruppen wie Boko Haram prägen den Alltag.

Es ist nicht das erste Mal, dass Erzbischof Lompo in Kevelaer zu Gast ist und ebenso beeindruckende wie bedrückende Geschichten aus seiner Heimat erzählt. Es gebe ein Sprichwort, sagt er: "Man kommt immer an den Ort zurück, an dem man eine Lösung gefunden hat - weil man hofft, dort wieder eine Lösung zu finden." Ein solcher Ort sei Kevelaer für ihn und viele Menschen im Niger. Unter anderem durch die Arbeit der "Aktion pro Humanität" seien inzwischen 31 Trinkwasserbrunnen gebaut worden oder in Planung, 750.000 Menschen hätten so Zugang zu sauberem Wasser erhalten. Zudem wurde eine Krankenstation reaktiviert und neu eingerichtet. "Die Menschen kennen den Namen Kevelaer. Er ist mit der Lösung vieler Probleme verbunden", betont Lompo.

Nach Pfingsten war die Not in seinem Land besonders groß, schließlich bat Lompo in Kevelaer um Hilfe. Elke Kleuren-Schryvers, Gründerin und Vorsitzende der "Aktion pro Humanität" (APH), beschreibt, was dann geschah: "Wie so oft schon in der Vergangenheit fiel dieser Hilferuf auf außergewöhnlich fruchtbaren Boden." Durch viele Spenden, etwa durch die Stiftung der Familie Seibt in Wesel-Flüren sowie des Vereins "Wir helfen Kindern weltweit" und durch die Hilfe des Bistums Münster über das Weltkirche-Referat und Weihbischof Dr. Stefan Zekorn, kamen innerhalb von drei Wochen 50.000 Euro zusammen. "Diese Unterstützung hilft uns, uns trotz aller Not wiederzufinden", bedankt sich der Erzbischof nun herzlich.

Gleichzeitig stellte er ein weiteres Projekt vor, das durch Spenden aus Kevelaer mitfinanziert wird: "Buamtandi" ermöglicht es Frauen, eine Zukunftsperspektive zu entwickeln. Sie werden zum Beispiel beim Kauf eines Kalbes unterstützt, das sie nach einem Jahr der Aufzucht mit Gewinn verkaufen können. Oder bei der Anschaffung von Lebensmitteln, die sie einlagern und dann in Zeiten von Nahrungsknappheit zur Verfügung stellen. "Wer so in die Zukunft plant, der hat eine neue Perspektive. Wenn ein solcher Perspektivwechsel kommt, dann haben die Menschen keinen Gedanken mehr daran, ihre Heimat zu verlassen", sagt Lompo. 10.000 Frauen seien in dem Projekt mittlerweile organisiert, christliche wie muslimische. "Sie haben das Gefühl, eine Chance zu haben. Und sie arbeiten eng zusammen, tauschen sich aus, dadurch wird der interreligiöse Dialog gestärkt", betont der Erzbischof. 98 Prozent der Bevölkerung im Niger sind muslimisch, zwei Prozent sind Christen.

Flüchtlinge sind auch dort ein wichtiges Thema: Auch wenn es das ärmste Land der Welt ist, kommen zahllose Menschen aus den Nachbarstaaten nach Niger, das eine Drehscheibe für Flüchtlinge aus Westafrika ist. Schon dort versucht man, den Menschen wieder eine Perspektive in ihrer eigenen Heimat zu geben - damit sie sich nicht auf den oft tödlichen Weg durch die Wüste und dann über das Mittelmeer machen. Wie die Menschen im Niger darauf reagieren, dass in ihr von Hunger und Armut gebeuteltes Land Flüchtlinge strömen? Lompo lächelt: "Bei Muslimen und bei Christen ist es ein Segenszeichen, Flüchtlinge aufzunehmen. Wir sagen uns: ,Heute haben sie Probleme, morgen haben wir Probleme - deshalb helfen wir ihnen heute.'"

(cb)
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