Kevelaer Kevelaer: Eine Stadt in 90 Minuten

Kevelaer · In anderthalb Stunden erklärt Stadtführerin Renate Wynants-Brocks, was ihr Heimatort zu bieten hat. Der Auftrag, eine Kapelle zu bauen, und ein Marienbild machten das Bauerndorf zum wichtigen Wallfahrtsort.

 Die Basilika prägt die Innenstadt von Kevelaer und ist natürlich auch Station der Stadtführung, ebenso wie die Figur von Hendrik Busmann (unten).

Die Basilika prägt die Innenstadt von Kevelaer und ist natürlich auch Station der Stadtführung, ebenso wie die Figur von Hendrik Busmann (unten).

Foto: Seybert

Mein Heimatort Issum liegt nur 15 Kilometer entfernt von Kevelaer, sagt das Schild. Dennoch habe ich noch nie bei einer Stadtführung der wichtigsten Wallfahrtstadt am Niederrhein teilgenommen. Bevor es losgeht, frage ich mich wie viele Kevelaerer sich wohl schon einmal ihre Stadt haben erklären lassen.

Ich schließe mich dem Kulturkreis Bielefeld-Senne an. Die Damen und Herren haben sich bewusst Zeit genommen, um Kevelaer auf sich wirken zu lassen. Und das will ich auch.

Start ist am Peter-Plümpe-Platz mit Stadtführerin Renate Wynants-Brocks: "Guten Morgen, ich möchte Sie willkommen heißen. Für uns in Kevelaer ist der Schwerpunkt die Wallfahrtsgeschichte", sagt sie. Bevor es in das Herz der Wallfahrt geht, passieren wir erst einmal die Antonius-Kirche, die 1450 die erste Kirche war. Ein erschrecktes, kollektives Raunen geht durch den Kirchensaal, als Wynants-Brocks erzählt, dass die Kirche 1982 fast komplett niederbrannte. Das Besondere ist, dass anhand alter Baupläne die kleine, ursprüngliche Bauernkirche in die neu aufgebaute große Kirche eingebaut wurde. Eine Kirche in der Kirche, das gibt es nicht überall.

Von der Antonius-Kirche geht es am Roermonder Platz vorbei. "Wir machen uns auf den Weg ins Wallfahrtszentrum", verrät die Stadtführerin. Die Spitze von St. Marien umgibt noch niederrheinischer Morgennebel. Wir gehen den Weg, den alle Prozessionen gehen, über die Hauptstraße. Links und rechts wird in die Schaufenster geschaut. "Da kannste nicht meckern. Niederrheinischer Sauerbraten für 6,90 Euro", stellt einer der Touristen fest. Am Museumseingang sammelt die Stadtführerin die Besucher wie eine Henne ihre Küken. Sie spricht über Künstler und Kunsthandwerker, die für Kevelaer so bedeutend sind und waren. Außerdem preist sie das Museum an.

"Am Ende der Straße steht ein Pilger, den ich Ihnen gerne vorstellen möchte", sagt sie, bevor sich der Zug wieder in Bewegung setzt. Smartphones und Digitalkameras werden gezückt. Der Pilger lässt es geschehen. Die gleichnamige Figur vom Künstler Bert Gerresheim ist sicher Rummel um seine Person gewohnt. "Er steht an der Stelle, wo der weltliche Teil der Hauptstraße endet", sagt die Stadtführerin. Für ein Schmunzeln sorgt, dass der Blick des Pilgers allerdings in Richtung Café Nederkorn geht. Auf dem Kapellenplatz erzählt Wynants-Brocks die Geschichte vom Kaufmann Hendrik Busmann. Er hörte die Stimme der Mutter Gottes, mit dem Auftrag, ihr eine Kapelle zu bauen. Sie erzählt, von dem kleinen Bildchen, das er und seine Frau von Soldaten erwarben und das heute in der Gnadenkapelle seinen Platz hat. "Die Trösterin der Betrübten" ist die Bezeichnung der Mutter Gottes in Kevelaer und ihr Auftrag. Weil ein Gottesdienst gerade zu Ende ist und der andere noch nicht angefangen hat, bleibt Zeit, in die große Basilika zu gehen. Die Farbenpracht ist überwältigend. Die Orgel spielt und untermalt den erhabenen Charakter. Kaum aus der Basilika heraus schallt über Lautsprecher ein "Gegrüßet seist du Königin" über den Kapellenplatz. Eine Prozession wird mit Glockengeläut empfangen. "Wir sind am Platz des Gebets. Eigentlich brauche ich nichts mehr zu sagen. Der Wallfahrtsort erklärt sich selbst", sagt Wynants-Brocks. Es bleibt noch Zeit, um einen kurzen Blick in die Kerzenkapelle zu werfen. Vorbei geht es am Arche-Noah-Brunnen, bevor die Stadtführerin uns zur Figur des Hendrik Busmann bringt. Ein Glockenspiel aus der Ferne. "Wir haben mehrere in Kevelaer. Eines spielt auch unser Heimatlied ,Wor hör ek t'hüß'", erklärt die Stadtführerin.

Während die anderen zurück zum Bus gehen, zieht es mich ins Zentrum. Die Worte und die Geschichte will ich noch einmal auf mich wirken lassen.

(RP)
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