Kevelaer Immer mehr Unfälle mit schnellen E-Bikes

Kevelaer · Die Zahl der Elektro-Fahrräder auf den Straßen steigt ständig. Sie bieten ihren Besitzern Mobilität bis ins hohe Alter. Doch das hohe Tempo birgt Gefahren, und zwar auch für Autofahrer. Die Polizei empfiehlt, Vorsicht walten zu lassen.

 Pedelec- und E-Bike-Fahrer erreichen dank Unterstützung durch Elektromotoren recht hohe Geschwindigkeiten. Dadurch wird das Fahren nicht nur für sie riskanter. Auch Autofahrer rechnen nicht mit dem Tempo der Radler.

Pedelec- und E-Bike-Fahrer erreichen dank Unterstützung durch Elektromotoren recht hohe Geschwindigkeiten. Dadurch wird das Fahren nicht nur für sie riskanter. Auch Autofahrer rechnen nicht mit dem Tempo der Radler.

Foto: NICO Hertgen

Etwa 40 Prozent der Kunden bei den Fachhändlern in der Umgebung sind inzwischen E-Bike- oder Pedelec-Fahrer, schätzt Christian Michalik, Inhaber von "Zweirad Michalik" in Kevelaer. "Hier in der ländlichen Gegend haben die Leute schon länger E-Bikes. Viele fahren damit zur Arbeit, das nimmt drastisch zu", erzählt er.

2,5 Millionen der mit Elektromotor unterstützten Fahrräder, landläufig allesamt unterschiedslos "E-Bike" genannt, sollen in diesem Jahr auf den Straßen Deutschlands rollen. Mit den meisten sind Geschwindigkeiten von 25 Stundenkilometern leicht zu erreichen, mit anderen kommt man per Motorkraft sogar auf 45 Stundenkilometer. Oft sitzen ältere Menschen im Sattel. Und viele unterschätzen die Gefahren eines Tempos, das sie allein mit Muskelkraft gar nicht erreichen würden.

"Mit dem Alter lässt auch die Reaktionszeit nach, die Geschwindigkeiten sind aber deutlich höhere als mit einem normalen Fahrrad", warnt Marco Elbers vom Verkehrskommissariat der Klever Polizei. Zudem müsse man bei schnellerer Fahrt auch längere Bremszeiten und Bremswege berücksichtigen. "Einige überschätzen da ihre Fähigkeiten", sagt Marco Elbers.

Auch hinter den Lenkrädern der Autos muss ein Umdenken stattfinden. "E-Bikes werden von den anderen Verkehrsteilnehmern häufig noch unterschätzt", warnt Elbers: "Keiner rechnet damit, dass die Oma auf dem Fahrradweg mit einem solchen Tempo radelt."

Seit Mai zählt die Polizei explizit Unfälle, an denen E-Bikes beteiligt waren. 29 Stück sind bislang bekannt geworden. Da aber nicht alle E-Bike-Unfälle gemeldet werden, dürfte die Dunkelziffer enorm hoch sein.

Wer ein E-Bike sicher beherrschen möchte, muss auch seine technischen Eigenarten kennen. So bieten manche Modelle eine Anfahrhilfe, bei der das Rad beim geringsten Druck auf die Pedale beschleunigt. Das kann zum Beispiel an der Ampel zum Unfall führen. Die Verkehrswacht der Polizei hat bereits reagiert und bietet spezielle Kurse für E-Bike-Fahrer und ältere Verkehrsteilnehmer an.

Vor allem in Anbetracht der nun wieder beginnenden dunklen Jahreszeit ist es nach Einschätzung der Fachleute für die E-Bike-Fahrer wichtig, optisch auf sich aufmerksam zu machen. Die Polizei empfiehlt, reflektierende Westen zu tragen und das Fahrrad mit Speichenreflektoren auszurüsten. Diese haben gegenüber den sogenannten Katzenaugen den Vorteil, dass sie noch einmal deutlich auffälliger sind. "Gerade bei den erreichten Geschwindigkeiten ist das Tragen eines Helmes ratsam", sagt Marco Elbers.

Das wissen die Kunden allerdings inzwischen, erkennt Fahrradhändler Christian Michalik. "Seit zwei bis drei Jahren kauft fast jeder zweite einen Helm dazu", sagt er. Es gibt auch Modelle, die auf den ersten Blick ein wenig mehr nach einer normalen Kappe oder Mütze aussehen sollen. Die seien aber weniger beliebt: "Heutzutage werden richtige Helme genommen, und es wird großer Wert auf Markenqualität gelegt."

Polizei und Handel rechnen damit, dass E-Bikes weiterhin häufiger werden. Denn seit etwa zwei Jahren werden die Geräte bei den jüngeren Leuten immer beliebter: bei Arbeitnehmern, die damit morgens aus dem Haus gehen, oder bei Eltern, die ihre Kinder im Fahrrad-Anhänger transportieren. "Da kommt eine neue Käufergruppe dazu", so Michalik. "Es ist nicht mehr der klassische Senior, der das E-Bike fährt."

Das bringt allerdings auch neue Gefahren mit sich. "Letztes Jahr hatten wir sehr viele schwere Fahrradunfälle bei uns in der Kundschaft", blickt Christian Michalik zurück. Das betraf die E-Bike-Fahrer zwar seiner Beobachtung nach nicht mehr als die "normalen" Radler. Auffällig war aber: "Die schweren Unfälle spielen sich fast alle morgens zwischen 7 und 7.30 Uhr im Berufsverkehr ab." Dann wird's hektisch, man steht unter Zeitdruck - und so passieren Fehler.

Die günstigsten E-Bike-Modelle sind schon für einige Hundert Euro im Handel erhältlich, womöglich hat man damit aber nicht gerade die beste Qualität erwischt. "Ein gutes Pedelec liegt irgendwo zwischen 2000 und 2500 Euro", sagt Michalik. Wer mehr Geld ausgeben will, bekommt für 3000 bis 4000 Euro auch Modelle mit Navi oder Zahnriemen statt Kette: "Die Leute fahren ja teilweise 6000 bis 10.000 Kilometer im Jahr", erklärt der Händler.

Zudem kommt der Trend zum ,Aufrüsten': Käufer der erste E-Bike-Stunde gönnen sich inzwischen etwas Neues. Besonders gut sind derzeit die Absätze gerade bei den höherwertigen, teureren Rädern.

(RP)
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