Kevelaer Heinz Fleger - der Gänseretter

Kevelaer · Die Feuerwehr konnte das verletzte Tier nicht einfangen, aber Gänsevater Heinz Fleger, der früher beim Bauhof Kevelaer arbeitete, genießt das Vertrauen der Höckergans von der Nierswelle. Mit einem Freund entfernte er den Angelhaken.

 Beherzt greift Heinz Fleger zu.

Beherzt greift Heinz Fleger zu.

Foto: Guido Schulmann

Heinz-Hubert Fleger braucht keinen Wecker. Er hat eine Gans, die ihn jeden Morgen weckt. Das war am Montag so und zum Glück auch gestern. Die schneeweiße Höckergans, die zwar keinen Namen hat, aber trotzdem beinahe ein Freund für den 71-jährigen Gocher ist, hat ihre leichte Verletzung offenbar schon vergessen und kreischt jetzt wieder, bis Heinz Fleger mit ihrem Frühstück kommt. Eine kleine Macke am Hals zeugt noch von einem großen Abenteuer: Die Gans hatte einen Angelhaken im Hals, die Fleger und ein Kumpel ihr zum Glück entfernen konnten.

Spaziergängern an der Gocher Nierswelle war aufgefallen, dass mit einer Gans offenbar etwas nicht stimmte. Sie schien sich im Gebüsch verheddert zu haben und brauchte offenbar Hilfe. Die Leute riefen die Feuerwehr, die bald mit einem Hilfeleistungsfahrzeug anrückte. Feuerwehr-Sprecher Torsten Matenaers berichtete: "Für uns sah es so aus, als säße das Tier auf der anderen Seite der Niers im Gestrüpp fest. Bevor wie aber tätig werden konnten, watschelte sie schon davon, sie einzufangen gelang nicht, und unser Einsatz war beendet."

 Die Feuerwehr scheiterte bei dem Versuch, die Gans einzufangen.

Die Feuerwehr scheiterte bei dem Versuch, die Gans einzufangen.

Foto: Guido Schulmann

Nicht so jedoch das Leid der Gans. Die machte sich auf ihrem üblichen Weg auf zu dem Mann, auf den sie sich seit geraumer Zeit verlässt: Heinz Fleger, der in der Zwischenzeit schon von Nachbarn über das Problem informiert worden war. Der 71-Jährige wohnt nämlich in der Susmühle, der ehemaligen Wassermühle am Niederrhein-Flüsschen. Von der Nierswelle aus schwimmt die Gans - und mit ihr manche Ente - allmorgendlich unter der Brücke her zu ihrem menschlichen Freund, und so machte sie es auch mit dem Haken im Fleisch. "Seit drei Monaten füttere ich sie mit Maiskörnern, und deshalb kennt sie mich gut und hat Vertrauen zu mir", sagt der Gocher. Schon, als er noch beim städtischen Bauhof von Kevelaer beschäftigt war, setzten die Kollegen dort ihn gerne als Tierflüsterer ein. "Wenn da mal was mit Tieren war, zum Beispiel ein Hund niemanden an sein verstorbenes Herrchen ranlassen wollte, dann kam ich und konnte helfen", erinnert er sich. "Ich bin einfach tierlieb, das merken die Viecher."

Dass Enten füttern nicht gut, streng genommen sogar verboten ist, weiß er. "Schlimm ist, wenn die Leute altes schimmliges Brot in die Niers werfen, aber ich nehm' immer Mais, da bleibt kein Körnchen übrig." Torsten Matenaers - diesmal als Stadtsprecher - betont dennoch, dass es nicht erlaubt ist, Wasservögel zu füttern. Hingegen ist Angeln zum Ärger von Heinz Fleger durchaus gestattet. "Wenn man den Fischereischein besitzt und sich beim örtlichen Angelverein eine Erlaubnis holt, darf man an der Niers Fische fangen", sagt er.

 Der Haken hatte sich im Tier verbohrt.

Der Haken hatte sich im Tier verbohrt.

Foto: Guido Schulmann

Was im Einzelfall, wie nun geschehen, dazu führen kann, dass etwas anderes an den Haken gerät. Zum Beispiel eine Höckerente. Sie zog, als Heinz Fleger sie packte, noch ein langes Stück Angelschnur hinter sich her. "Nachdem ich sie zweimal laut gerufen hatte, schwamm sie zu mir und ließ sich auch festhalten.

Zum Glück hatte ich gerade einen niederländischen Freund zu Besuch, der mir assistieren konnte. Ich hätte die Gans ja nicht gleichzeitig festhalten und den Haken entfernen können." Also hielt und beruhigte der 71-Jährige das Tier, während der andere Mann beherzt zupackte und das Metall aus dem Tier herauszog.

"Ich war fast nervöser als die Gans", erzählt der Gocher, der heilfroh war, als das Tier nach kurzem Schütteln wieder davon stakste und ein kühles Bad nahm. Wie gesagt: Das Frühstück am nächsten Morgen fand wie immer an der Susmühle statt.

Tierische Einsätze der Feuerwehr - da kann Torsten Matenaers so einiges erzählen. Von Katzen, die in Bäumen sitzen und sich scheinbar nicht mehr hinunter trauen. "Dabei sind sie meist in freier Selbstbestimmung da hoch geklettert und schaffen es, wenn sie das möchten, auch wieder runter", sagt Matenaers. Schon mehrfach wurde die Drehleiter geordert, und die Katze, der diese Mühe galt, war bei Eintreffen der "Retter" schon entschwunden. Eine Riesensache sei es auch gewesen, die dicken Karpfen umzusiedeln, die im Teich des früheren Wassergartens lebten. Der musste bekanntlich der Nierswelle weichen, an der Fische vermutlich nur noch vorbeischwimmen, wenn sie nicht an die Angel geraten, während Enten und die eine oder ander Gans sich dort zuhause fühlen.

(RP)
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