Kevelaer Hausärzte sind eine aussterbende Art

Kevelaer · Die Kirchengemeinde Kevelaer und der Kirchliche Dienst der Arbeitswelt informierten über die zukünftige Gesundheitsvorsorge auf dem Land. Welche Probleme kommen auf die Bevölkerung zu? Welche Lösungen gibt es?

 Christoph Starke arbeitet als Allgemeinmediziner in Twisteden.

Christoph Starke arbeitet als Allgemeinmediziner in Twisteden.

Foto: Gerhard Seybert

Die Gesundheitsvorsorge auf dem Land ist ein Thema, das diskutiert und bearbeitet werden muss, bevor es in ein paar Jahren zu einem echten Problem wird. Um das zu verhindern luden die Evangelische Kirchengemeinde Kevelaer und das "Laboratorium" des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt (KDA) jetzt drei Experten ein, um ausführlich über das Thema zu informieren.

Den Anfang machte Prof. Dr. Kerstin Hämel. Die Professorin für Gesundheitswissenschaften an der Universität Bielefeld sprach als Probleme unter anderem die Tatsache an, dass Hausärzte auf dem Land ihrer Meinung nach oft einen schlechten Kontakt zu Fachärzten hätten: "Die Ärzte untereinander sind unkoordiniert." Zudem erinnerte sie daran: "Durch den demographischen Wandel rollt in 15 bis 20 Jahren ein extremer Mangel an Pflegepersonal auf uns zu."

Sie empfahl präventive Anlaufstellen, "eine Verzahnung der Versorgungsmaßnahmen" und zeigte Ideen aus anderen Ländern auf, wie etwa ein Gesundheitskiosk oder auch eine fahrende Praxis. Speziell für Kevelaer erwähnte sie, dass das gerade geplante medizinische Versorgungszentrum auf der Hüls "die Entfernungen zu den verschiedenen Anlaufstellen verkleinern könnte". Norbert Killewald aus dem Vorstand der SPD des Kreises Kleve und unter anderem Mitglied des Ausschusses für Gesundheit und Soziales im Kreis Kleve wies im Anschluss daraufhin: "Wir als Kommune müssen uns selbst um die Verteilung der Gelder und Ärzteplätze sorgen und den Ärzten mit Mietfreiheit oder anderen Vergünstigungen entgegenkommen. Es kümmert sich sonst niemand anderes darum." Der dritte Redner war Christoph Starke, Allgemeinmediziner aus Kevelaer und stellvertretender Vorsitzender der Kreisstelle Kleve der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein: "Was stört mich am meisten? Es ist das Fehlen jeglicher sozialen Regelung. Es gibt keine soziale Absicherung für Ärzte und deshalb gibt es fast nur noch Ärztezentren. Viele wollen heute die Perspektive als Hausärzte in der tiefsten Provinz nicht mehr und haben auch eine andere Arbeit-/Freizeit-Balance. Das sehe ich an meinem Sohn. Ich bin für finanzielle Anreize und für Versorgungszentren. Nur dort ist man selber als Arzt abgesichert. Und man muss jetzt handeln, denn eine Untersuchung vor ein paar Jahren zeigte, dass die Hausärzte bereits damals alle zwischen 45 und 50 Jahre alt waren. Hausärzte sind eine aussterbende Art."

Nach der Präsentation gab es ein paar Fragen. Etwa, wie die Anwohner zu den immer mehr zentrierten Ärzteansammlungen kommen sollen. Ein interessantes Schlusswort lieferte schließlich ein Hausarzt aus Kevelaer, der erklärte, dass dadurch, dass seine Frau die Kinder übernommen hat, er sich nur so bis abends komplett auf die Arbeit konzentrieren konnte: "Als Hausarzt ist man nämlich Arzt, Palliativmediziner, Psychologe, Pfarrer und mehr. Da mir meine Frau den Rücken freigehalten hat, ging das. Aber die Lebensentwürfe der Menschen sehen heute anders aus. Die Zeiten ändern sich eben. Das ist nicht schlimm. Aber so wie es einst war, wird es wohl nicht mehr werden."

(cnk)
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