Kevelaer Hand in Hand durch die Heilige Pforte

Kevelaer · Der Papst hat es ausgerufen, Kevelaer eine eigene Pforte eröffnet: Das heilige Jahr der Barmherzigkeit ist eingeläutet. Was bedeutet das den Besuchern konkret? Wir haben nachgefragt.

 Auch das Ehepaar Elisabeth und Georg Lazarz aus Wesel besucht die Heilige Pforte.

Auch das Ehepaar Elisabeth und Georg Lazarz aus Wesel besucht die Heilige Pforte.

Foto: Seybert

Das riesige Banner ist nicht zu übersehen. Es zeigt den grüßenden Papst Franziskus. "Selig die Barmherzigen" steht darauf. Ein sperriges Leitwort. Was bedeutet denn nun "Barmherzigkeit" für die Menschen?

Das überlegen auch Ulla Schröder aus Kevelaer und Claudia Dünte aus Geldern bei ihrem Bummel durch die Stadt. Der blaue Torbogen an der Mutter-Teresa-Pforte ist sehr auffällig, die beiden bleiben davor stehen. "Geschmückt" ist der Seiteneingang der Basilika, weil der Papst wie berichtet das Heilige Jahr der Barmherzigkeit ausgerufen hat und Kevelaer eine der Stationen ist, die eine "Heilige Pforte" bekommen hat. Nächstenliebe falle ihr spontan ein, sagt Claudia Dünte. "Verzeihen würde ich sagen", fügt Ulla Schröder an.

Auch Wout van Hout und seine Frau Tonny in Begleitung von Dortje van de Kerkhof beschäftigt das Thema. Eigentlich wollten sie nur einen Spaziergang durch die Marienstadt machen. "Kaffee, Kuchen, Kerzen anzünden, Krippenmarkt", stellen die Besucher aus den Niederlanden ihr Vormittagsprogramm vor. Von dem Heiligen Jahr haben sie in der Zeitung gelesen. "Das Wort Barmherzigkeit hat viel Inhalt", sagt Tonny van Hout. "Recht halten mit dem anderen", schlägt sie vor. "Gut sein, ehrlich", sagt ihr Mann. Am Ende bleibt die Feststellung: "Barmherzigkeit brauchen wir allemal."

Die Besucher der Basilika, die durch diese eine besondere Tür, die Heilige Pforte, gehen, geben sich nicht nur sprichwörtlich die Klinke in die Hand. Es ist viel los. Obwohl, wer bei der von Bert Gerresheim gestalteten Tür an die Klinke greift, der hat den Griff einer Krücke in der Hand.

Direkt neben der Tür, im Inneren der Basilika, hängen weinrote Zettel. "Barmherzigkeit bedeutet für mich..." steht dort als Einladung zum Aufschreiben der eigenen Gedanken. Viele sind der Aufforderung schon gefolgt. "Geduld hebben met elkaar" ("Geduld haben miteinander") schlägt ein niederländischer Schreiber vor. "Sein wie Jesus", lautet ein Ansatz. "Etwas, dass Liebe übersteigt", schreibt ein anderer.

Das Wort "Liebe" taucht im Zusammenhang mit Barmherzigkeit sehr oft auf. Jemand hat die Weihnachtsgeschichte in Kurzform niedergeschrieben. "Barmherzigkeit ist nicht nur Nächstenliebe, sondern, dass Gott seinen Sohn in die Welt sandte als Kind in der Krippe, um uns zu erlösen, letztendlich durch seinen Tod am Kreuz. Barmherzigkeit = Umkehr, Beichte."

Drei Frauen stehen vor dem roten Blatt und verewigen ebenfalls ihre Gedanken. Als sie aus der Tür heraustreten, fasst die eine die andere stützend am Arm und führt sie sanft die Stufen hinunter. Manchmal braucht Barmherzigkeit gar keine Worte. Draußen warten bereits Elisabeth und Georg Lazarz aus Wesel. Sie gehen Hand in Hand durch das blau eingefasste Tor. Der Pastor habe ihnen gesagt, sie sollen dadurch gehen, erklärt das Ehepaar. Sie stammen aus Oberschlesien und sind streng katholisch. Lange muss Elisabeth Lazarz nicht überlegen, was Barmherzigkeit für sie bedeutet. Sie muss noch nicht einmal einen Blick auf die sieben Beispiele werfen, die auf dem Torbogen stehen. "Man soll jedem helfen, für die Kranken da sein, für die Menschen, die im Gefängnis sind, beten, Hungrigen zu essen geben, das Herz für die Menschen öffnen, denen es schlecht geht, Verständnis für Flüchtlinge haben", sprudelt es aus ihr heraus.

Dann geht sie Hand in Hand mit ihrem Mann in die Basilika. Denn gelebt werden muss das Wort von jedem einzelnen. Einem Menschen die Hand reichen, das ist schon ein Anfang.

(RP)
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