Kevelaer Gochs Archivar ins Standesamt versetzt

Kevelaer · 30 Jahre lang war Hans-Joachim Koepp für das Stadtarchiv zuständig. Er hat in dieser Zeit Publikationen veröffentlicht, die das Ansehen Gochs gemehrt haben. Den neuen Posten bekommt er aus Kostengründen. Es hagelt Kritik.

 Die Enttäuschung ist Hans-Joachim Koepp immer noch ins Gesicht geschrieben. Im Anschluss an die Pressekonferenz für eine Veranstaltungsreihe in einem Zirkuszelt im Garten des Gocher Museums (Details folgen) wurde der Personalwechsel, von dem Koepp seit etwa vier Wochen weiß, bekannt gegeben.

Die Enttäuschung ist Hans-Joachim Koepp immer noch ins Gesicht geschrieben. Im Anschluss an die Pressekonferenz für eine Veranstaltungsreihe in einem Zirkuszelt im Garten des Gocher Museums (Details folgen) wurde der Personalwechsel, von dem Koepp seit etwa vier Wochen weiß, bekannt gegeben.

Foto: GOTTFRIED EVERS

Teilnahmslos sitzt Hans-Joachim Koepp am Tisch. Obschon von seinem jüngsten Urlaub noch mit einer gesunden Bräune ausgestattet, deutet die Miene des stadtbekannten Archivars eindeutig darauf hin, dass ihm die vergangenen Wochen schwer zugesetzt haben und er derzeit alles andere als glücklich ist. Gleich neben ihm sitzt Stephan Mann, Fachbereichsleiter Bildung und Kultur im Rathaus und somit unter anderem auch zuständig fürs Archiv, und nennt den Grund dafür, dass Koepps Blick ständig ins Leere schweift: "Der Bürgermeister hat entschieden, dass es eine neue Aufgabenzuteilung gibt und Hans-Joachim Koepp zum 1. Mai leitender Standesbeamter der Stadt Goch wird."

Schon seit einiger Zeit hatte es in Goch Gerüchte darüber gegeben, dass man Koepp das Archiv wegnehmen wolle, doch glauben wollte das zunächst niemand. Zu viel Einsatz hatte Koepp gezeigt, viel zu viele Publikationen - unter anderem die sechsteilige Reihe "Kirche, Kelten und Kartoffelpüree" - veröffentlicht und so das Ansehen der Stadt über die Grenzen hinaus und auch das Wissen um die eigene Geschichte bei den Bürgern gemehrt.

Immer wieder hatte auch der Bürgermeister bei Neuerscheinungen das Engagement von "Hansi Koepp" gewürdigt. Die Bekanntmachung der "organisatorischen Maßnahme", wie es Stadtsprecher Torsten Matenaers nannte, überließ der Erste Bürger jetzt anderen.

So war es Stephan Mann, der davon sprach, dass die Stadt unter einem "enormen Spardiktat" arbeite und diese Entscheidung getroffen habe, weil man sie habe treffen müssen.

Er gab zu, dass es nun "einen spürbaren Bruch in der Archivarbeit geben werde" und versuchte anschließend - wenn auch wenig überzeugend - das Positive in den Vordergrund zu stellen: "Mit Hans-Joachim Koepp haben wir die absolut geeignete Person für die Aufgabe des leitenden Standesbeamten."

"Das ist alles ein großes Trauerspiel", urteilte hingegen Alt-Bürgermeister Willi Vaegs am Nachmittag gegenüber der RP. "Wir haben ständig ausgezeichnet mit Hansi Koepp zusammengearbeitet", so der Heimatvereins-Vorsitzende, der sich nicht weiter äußern wollte. Aber ein Schreiben an den Bürgermeister und auch die Fraktionsvorsitzenden habe er bereits aufgesetzt, versicherte Vaegs. "Wir werden der Nachfolgerin natürlich gerne helfen, aber fest steht, dass ein Hans-Joachim Koepp nicht ersetzbar ist", so Vaegs abschließend.

Noch deutlicher wurde Heinz van de Linde, der in Goch unter anderem als Vorlesepate der Stadtbücherei und regelmäßiger Kritiker der Verwaltung bekannt ist: "Herr Koepp hat das Stadtarchiv zu einer angesehenen und respektierten Einrichtung gemacht und weit mehr getan, als es die Stellenbeschreibung von ihm verlangt hätte. Wer immer diese Umsetzung innerhalb der Verwaltung verfügt hat, muss sich fragen lassen, warum er wegen weniger eingesparter Euro ein solches Aushängeschild der Stadt Goch zu demontieren bereit ist, eine Erfolgsgeschichte aufs Spiel setzt und einen Menschen mit Bürgernähe um sein Lebenswerk bringt."

Koepp selbst äußerte sich - immer noch sichtlich getroffen - nur auf Nachfrage zu dem Vorgang: "Ich bin seit 40 Jahren bei der Stadt Goch und leite seit 30 Jahren das Archiv, da ist das jetzt natürlich ein sehr schwerer Schritt." Nun müsse er sich mit der neuen Rolle "erst einmal anfreunden", bringe als Diplom-Verwaltungswirt aber die Voraussetzungen dafür mit, so Koepp professionell.

Ein weiterer Gocher, der viele Jahre lang in unterschiedlichen Funktionen mit Koepp zusammen gearbeitet hat, sagte der RP: "Mit der Archivarbeit muss man sich identifizieren, und das hat Hansi jahrzehntelang mit viel, viel Herzblut getan. Es ist eine Schande, wie jetzt mit ihm umgegangen wird."

(RP)
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