Kevelaer Gaesdonck öffnet sich Nicht-Katholiken

Kevelaer · Mancher staunte schon 2002, als die ersten Mädchen ins ehrwürdige Collegium Augustinianum aufgenommen wurden. Jetzt gibt es einen zweiten überraschenden Schritt in die Zukunft: Auch nicht Getaufte sind ab sofort willkommen.

 Künftig werden auch Angehörige anderer christlicher Glaubensrichtungen und nicht Getaufte aufgenommen.

Künftig werden auch Angehörige anderer christlicher Glaubensrichtungen und nicht Getaufte aufgenommen.

Foto: gottfried EVERS

Recht dezent teilt Direktor Peter Broeders im jüngsten Elternbrief eine Neuigkeit mit, die manchen Kenner des traditionsreichen kirchlichen Internats sehr überraschen dürfte: Gaesdonck nimmt ab sofort auch nicht getaufte Jungen und Mädchen in Internat und Schule auf. "In Einzelfällen gab es das schon im laufenden Schuljahr, künftig soll es aber offiziell gelten: Das Collegium Augustinianum lädt auch Angehörige anderer christlicher Glaubensrichtungen und nicht Getaufte ein, sich um einen Platz auf unserer Schule zu bewerben", erklärt Broeders im RP-Gespräch. Der Stiftungsvorstand mit Weihbischof Rolf Theising an der Spitze habe das so beschlossen.

Wie konnte es dazu kommen? Noch immer gibt es doch in jedem Jahr deutlich mehr Anmeldungen als freie Plätze. "Aber wir müssen auch die Zukunft vor Augen haben und zur Kenntnis nehmen, dass sich die Gesellschaft ändert." Womit gemeint ist, dass in Deutschland immer weniger Kinder getauft werden, weil schon ihre Eltern der Kirche nicht mehr nahestehen oder ihr gar nicht angehören. "Wir wissen von Großeltern, die selbst hier Schüler waren und sich das auch für ihre Enkel wünschen. Wir wollen ihnen deshalb das Angebot machen, uns auch solchen Familien zu öffnen, die zumindest in einem christlichen Bewusstsein leben", erklärt Broeders.

Der demnächst scheidende Weihbischof Theising, dessen Amt Kevelaers Wallfahrtsrektor Rolf Lohmann übernehmen wird, weiß, dass Gaesdonck im Bistum Münster zuletzt die einzige konsequent katholische Schule war. Schon seit geraumer Zeit sei angesichts der gesellschaftlichen Entwicklung überlegt worden, sich ebenfalls anderen Schülern zu öffnen. Nun ist es so weit: Sowohl externe Schüler, als auch Interessenten fürs Internat und Tagesinternat sind willkommen - auch, wenn sie (bisher?) mit dem katholischen Glauben nicht verbunden sind.

Gaesdonck hat einen eigenen Seelsorger, "Spiritual" genannt. Cornelius Happel, 41 Jahre jung, hat Aufnahmegespräche mit Kindern und deren Eltern geführt, die "zum Beispiel in den Niederlanden sozialisiert sind und dort nicht getauft wurden". Im Nachbarland spielt die Religion eine deutlich geringere Rolle. Es gibt zum einen eine starke Entkirchlichung, andererseits muss sich in dem sehr multikulturellen Land eine Vielzahl von Religionen vertragen. Der Staat organisiert auch keinen Religionsunterricht.

Spiritual Happel vergleicht den Schritt, den Gaesdonck jetzt tut, mit dem aktuellen Bemühen vieler Kirchengemeinden - sich nämlich auch Kirchenfernen und solchen Menschen zu öffnen, denen der Glaube gleichgültig geworden ist. "Für uns ist wichtig, dass der Schüler oder die Schülerin zu uns passt und unsere generelle Ausrichtung akzeptiert", sagt er. Es werde auch weiterhin ausschließlich und für alle katholischen Religionsunterricht geben.

"Unser Profil werden wir nicht ändern", versichert Broeders, der weiß, dass auch Nicht-Christen katholischen Schulen eine große Kompetenz gerade bei der Werteerziehung zugestehen. Praktisch alle Eltern, die ihren Nachwuchs "zur Gaesdonck" schicken, tun das sehr bewusst in der Hoffnung auf eine zumindest ethisch orientierte Bildung und Erziehung. "Wir müssen uns fragen, welchen Auftrag unsere Bildungseinrichtung hat. Wenn unsere Arbeit auch nicht katholische Menschen wertschätzen, ist das doch positiv", findet der Direktor. Und Happel wirft die Frage in den Raum, ob es den Kollegen in der Schule nicht sogar einen guten Impuls gibt, sich neu mit ihrem Glauben auseinanderzusetzen. Bewusst, nicht als Selbstverständlichkeit.

"Wachsen" kann das Collegium Augustinianum übrigens nicht. Die Schule ist vom Bistum als dreizügig festgelegt.

(RP)
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