Kevelaer Film "Auf der Suche nach Gnade" zeigt viele Seiten Kevelaers

Kevelaer · Die Stadt im Morgenlicht mit dem alles überragenden Turm der Basilika, Prozessionen grün gekleideter Priester, ein Kerzenmeer, der Klang der Glocken, Weihrauch. Diese Bilder machten klar: Es ist ein Film über das katholische Kevelaer. "Auf der Suche nach Gnade" von Stefan Pannen wurde in einer Premiere im Niederrheinischen Museum gezeigt. Etwa 250 Zuschauer waren gekommen, um die ungekürzte Fassung, den "Director´s Cut", zu sehen. "Eine überwältigende Zahl", sagte Rudolf Beerden, Herausgeber des "Kevelaerer Blatt", das zusammen mit dem Museum und dem Heimatverein die Produktion des Films unterstützt hatte.

 Das Interesse an der Filmvorführung im Museum war groß. Etwa 250 Zuschauer waren gekommen, um die ungekürzte Fassung zu sehen.

Das Interesse an der Filmvorführung im Museum war groß. Etwa 250 Zuschauer waren gekommen, um die ungekürzte Fassung zu sehen.

Foto: Evers

"Was ist eigentlich Gnade?" lautete die Fragestellung, mit der Stefan Pannen nach 35 Jahren in seine Heimatstadt zurückgekehrt war. Immer wieder fragte er die Menschen auf der Straße, sammelte ihre Antworten: "Gnade ist Vergebung, Frieden kann Gnade sein, ein Kind zu bekommen, gesund zu sein, beschenkt zu werden, das ist Gnade". Doch der Profi-Filmemacher aus Berlin, der nach eigener Aussage zum ersten Mal in einem seiner Filme derart im Mittelpunkt stand, gab sich nicht zufrieden. Schon vor vielen Jahren habe er seinen Glauben verloren, nicht aber die Sehnsucht danach, sagte er schon in der ersten Minute seines Films, der für ihn eine Suche war auch nach sich selbst. Begleitet von Kameramann Dieter Stürmer ging er an die Orte seiner Kindheit und Jugend, die ganz und gar vom Katholizismus geprägt waren. Dazu gehörte, noch einmal im Chor der Basilika mitzusingen, von Kevelaer aus nach Walbeck zu pilgern, zu beichten, Ruhe zu suchen zum Beispiel in der Sakramentskapelle und immer wieder zu fragen: "Was ist Gnade?". Eine Lebenskrise habe ihn dazu gebracht, zurück zu seinen Wurzeln zu gehen. Er richtet im Film seinen sachlich forschenden Blick auf das katholische Kevelaer und gleichzeitig auf die eigene Person.

Schonungslos zeigt er, dass der Verkauf von Kerzen, die "Herstellung des Leibes Christi" - also die Hostienbäckerei - und schließlich der Verkauf von Devotionalien und die Öffnungszeiten der Geschäfte während der Pilgerzeit auch klare Wirtschaftsfaktoren sind. "Früher war der Katholizismus ein geschlossenes System", so Pannen. Heute sei das "Klientel überaltert", neue Ideen müssten her. Er interviewt Bürgermeister Dominik Pichler, der betont, dass Kevelaer auf jeden Fall mehr zu bieten habe als Devotionalien. Weihbischof Lohmann filmt er bei der Einkleidung kurz vor der traditionellen Öffnung der Pilgerpforte im Mai. "Gnade ist ein Geschenk am Menschen, das man sich nicht erkaufen kann", so Lohmanns Antwort auf die Kernfrage des Films. Bewegend, weil sehr persönlich, ist die Szene, als der Regisseur, der gleichzeitig Hauptdarsteller ist, das Grab seiner Mutter Cilli besucht. Er ist dort zusammen mit einem iranischen Paar, das durch die Hilfe von Cilli Pannen vor vielen Jahren vor der Abschiebung bewahrt wurde. "Gnade ist auch, dass ich meine Mutter begleiten durfte, als sie starb", sagt Stefan Pannen. Bei der Begegnung mit der Flüchtlingshilfe in Kevelaer findet er ebenfalls selbst eine ersehnte Antwort: "Gnade ist, wenn Menschen füreinander da sind." Auch mit seiner Kritik am Katholizismus versöhnt er sich: "Gnade ist, dass ein unscheinbarer Kupferstich, das Marienbildnis, so viele Menschen zusammen bringt."

Der Film wird vom WDR am 30. November um 23.25 Uhr in einer 30-minütigen Fassung ausgestrahlt unter dem Titel "Wallfahrt zu meinen Wurzeln. Eine Begegnung mit Kevelaer." Er ist ein Jahr lang in der Mediathek des WDR abrufbar.

(ath)
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