Kevelaer Ein beeindruckendes Mysterienspiel

Kevelaer · Ein weiterer Höhepunkt des Kevelaerer Wallfahrtsjubiläums: "Mensch, Maria!" erlebt die Welturaufführung. Überschwänglicher Beifall für großartige Darsteller. Aufführung soll in aktualisierter Fassung wiederholt werden.

 Schön illuminiert waren die Basilika und der Kapellenplatz während der Uraufführung des Mysterienspiels.

Schön illuminiert waren die Basilika und der Kapellenplatz während der Uraufführung des Mysterienspiels.

Foto: evers

Theater und Religion, ein literarisches Genre und ein kulturelles Phänomen, die im Laufe der Zeit immer wieder aufeinanderstoßen. Anlässlich des 375. Jubiläums der Marien-Wallfahrt scheint die Kombination von beiden Elementen nicht ungewöhnlich. Mit der Welturaufführung des Mysterienspiels "Mensch, Maria!" wurde auf dem Kapellenplatz das Leben und Wirken von Maria auf die Bühne gebracht.

 Annette Gutjahr brillierte in der Hauptrolle der Maria.

Annette Gutjahr brillierte in der Hauptrolle der Maria.

Foto: Evers Gottfried

Mit rund 250 Akteuren, einem Symphonieorchester, brillanten Solisten und einem eindrucksvollen Erzähler erlebten mehr als 2500 Besucher an den beiden Aufführungstagen ein spektakuläres Marienfestspiel. Schirmherr Weihbischof Wilfried Theising begrüßte die Gäste und dankte besonders Autor Bastian Rütten und Komponist Elmar Lehnen für ein Werk, das, biblisch angelegt, ganz lebensnah das Leben Mariens auf die heutige Zeit projiziert darstellt.

 Gebannt und begeistert verfolgten die Zuschauer das Geschehen.

Gebannt und begeistert verfolgten die Zuschauer das Geschehen.

Foto: Evers Gottfried

Mit dem Team Dorette Ploegmakers und Peter van Aar hatte die Wallfahrtsleitung Profis für die Regie und Produktionsleitung engagiert, die, selbst begeistert von den "himmlischen" Texten und der Musik, schon in den Proben die "Passion" aller Beteiligten spürten. Der Chor "Kalobhri" aus Nettetal, den Lehnen seit 2004 leitet, ließ in den prägnanten Sätzen wunderbar subtile, klangfarbig aufgewertete Episoden entstehen, die dynamisch und auch artikulatorisch fein abgestuft und abschattiert wurden. Der Theaterchor Niederrhein mit Tom Löwenthal sorgte in seiner ihm eigenen, unbestechlichen Autonomie für großartige szenische Gestaltungen, choreografische Tänze, die von Edith Bongers-Reul einstudiert worden waren, und nuancenreichen Gesang.

 Überglücklich: Basilikaorganist Elmar Lehnen (l.) und Sprecher Dirk Tecklenborg.

Überglücklich: Basilikaorganist Elmar Lehnen (l.) und Sprecher Dirk Tecklenborg.

Foto: Evers Gottfried

Mit dem Prolog "Alles auf Anfang! Ein ganz neues Kapitel", der die Verkündigung Mariens und deren Geburt schilderte, eröffnete Lehnen in einer eingängig modernen Tonsprache und geradezu spürbaren Sensibilität für die zeitgemäßen Texte Rüttens. Es ist ein Werk, in dem menschliche Abhängigkeiten und Leidenschaften ebenso ihren Platz haben wie ein starker mystischer Einschlag. Dem Sprecher Dirk Tecklenborg gelang es, die Zuhörer mit Akribie und straffen Spannungsbögen auf eine faszinierende Seelenreise mitzunehmen.

In der erstklassig besetzten Sängerriege dominierte Annette Gutjahr (Mezzosopran) als Maria, die ihre Rolle in artikulatorischer und dynamischer Hinsicht packend expressiv ausgestaltete. Wiltrud de Vries (Sopran) war ihr eine ebenbürtige Partnerin mit geschmeidiger Stimme. Bernhard Scheffel (Tenor) überzeugte mit lyrischem Timbre und geschmeidig dichten Legatobögen. Alan Parkes (Bass) zeigte sich als eindrucksvoller Stimmgestalter und verlieh der Aufführung eine zeitweise feierliche Atmosphäre. Rüttens Textbuch vermeidet in den 13 Szenen die bloße Aneinanderreihung einzelner Episoden aus dem Leben Marias. Er lässt sie selbst vor das Publikum treten, mit der Botschaft auf den Lippen, den lebendigen Glauben zu bewahren und bewusst zu fragen: "Was sind die wichtigen Fragen?".

Das Publikum befand sich immer mitten im dramatischen Geschehen, das im tradierten Sinne mit Opulenz und künstlerischer Feinarbeit ein kantatenhaftes Wechselspiel von Solisten, Chören und Aktionen bot. Mit überschwänglichem Beifall wurden die großartigen Darsteller, Sänger und Musikanten in eine laue Sommernacht begleitet.

"Diese Aufführungen sollen keine Einmaligkeit behalten, denn das Mysterienspiel soll im Abstand von einigen Jahren regelmäßig aufgeführt werden", sagte Domkapitular und Wallfahrtsrektor Rolf Lohmann. Dazu solle und müsse das Drehbuch fortgeschrieben werden. "Es ist - genau wie die Geschichte Gottes mit den Menschen - nie fertig."

(usp)
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