Kevelaer Ausdrucksstarke "Porträts" in Kevelaer

Kevelaer · Diplom-Psychologin Annette Kipnowski stellt ihre persönlichen Momentaufnahmen im Niederrheinischen Museum aus. Von der Zeit gegerbte Gesichter und faszinierende Arbeitsmethoden warten darauf, entdeckt zu werden.

 Annette Kipnowski vor dem Bild "Ein Männerleben 1953". Hier scheint der Mann über der Familie am Strand zu thronen.

Annette Kipnowski vor dem Bild "Ein Männerleben 1953". Hier scheint der Mann über der Familie am Strand zu thronen.

Foto: evers

Manche starren mit verwirrtem Blick, während in anderen Augen noch ganz klar das Leben lodert. Eines ist ganz klar: Für die Ausstellung "Porträts" der Künstlerin Annette Kipnowski, die noch bis zum 26. November im Niederrheinischen Museum Kevelaer stattfindet, sollte man sich Zeit nehmen. Je nachdem, wie weit man von den Arbeiten entfernt ist, offenbaren sich unterschiedliche Eigenheiten der jeweiligen Werke. Die nach Fotovorlagen realistisch nachgezeichneten Porträts wirken aus der Distanz wie eine überhöhte Realität. Viel ausdrucksstärker und packender, was durch die subtile Akzentuierung der Gesichtskonturen der zumeist alten Menschen erreicht wird. Doch da ist noch etwas, das man nicht auf den ersten Blick wahrnimmt.

Annette Kipnowski verriet: "Das ist meine Spezialität: Ich male die Arbeiten fertig mit Farbe, und erst dann gehe ich mit Grau darüber. Denn die Gesichter sind ausdrucksstark genug, da braucht es nicht mehr Farbe, doch unterschwellig fällt diese eben nach wie vor auf." Wie eine langsam verblassende Erinnerung wirken die Impressionen, was durchaus passend ist.

Durch ihre Eltern wurde Kipnowski mit dem Thema Demenz konfrontiert und verarbeitet dies auch in ihren Bildern. Die 1950 geborene Diplom-Psychologin war bis 1999 als Ärztin tätig. Danach wechselte sie hauptberuflich zur Malerei. Bei ihren Acrylwerken verarbeitet sie immer wieder Stücke von Zeitungspapier, um so den Menschen noch mehr Kontur, noch mehr Präsenz zu geben. Erst wenn man ganz nah vor den Gesichtern steht, in denen die Zeit ihre Spuren hinterlassen hat, kann man jene Eigenheiten erkennen, die man aus größerer Entfernung nie wahrgenommen hätte. Wie im normalen Leben lohnt es sich auch hier, sich Zeit zu nehmen, um all die feinen Details zu entdecken. Viele Bilder verbindet Kipnowski mit persönlichen Erinnerungen. "Ein Männerleben 1953" ist zum Beispiel eine Urlaubsaufnahme ihrer Familie, während sie bei "Gerda H." erklärte, "dass diese Frau fast blind war. Ich habe sie zwei Jahre im Heim besucht". Kraftvoll, melancholisch und mit einer durchdringenden Weisheit ist die Ausstellung "Porträts" mehr als nur einen Besuch wert.

Am Sonntag, 12. November, gibt es um 15 Uhr ein kostenloses Künstlergespräch mit Annette Kipnowski. We selbst künstlerisch tätig werden will, der hat beim Workshop "Selbst im Bild" am Samstag, 18. November, die Chance, von Barbara Hoock und Annette Kipnowski zu lernen. Interessierte ab 16 Jahren können für 15 Euro an der Veranstaltung von 11 bis 16 Uhr teilnehmen. Anmeldung und mehr Informationen gibt es im Museum oder unter www.niederrheinisches-museum-kevelaer.de.

(cnk)
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