Kevelaer Allein unter Kindern - als Mann

Kevelaer · Daniel Stenmans ist in Kevelaer weit und breit der einzige Kindergartenleiter. Der 36-Jährige hat sich nach einiger Zeit der Suche bewusst für den Beruf des Erziehers entschieden. Auch wenn das Finanzielle nicht sehr reizvoll ist.

 Wenn Daniel Stenmans Geschichten vorliest oder sie erzählt, dann kuscheln sich die jungen Zuhörer nah an ihn heran.

Wenn Daniel Stenmans Geschichten vorliest oder sie erzählt, dann kuscheln sich die jungen Zuhörer nah an ihn heran.

Foto: Gerhard Seybert

Umringt von Kindern liest Daniel Stenmans aus einem Buch vor. Das ist Teil seines Jobs. Kurz danach wird er zum Besen greifen und in der "Zwergengruppe" fegen. Stenmans ist Leiter des St.-Urbanus-Kindergartens in Winnekendonk. In seinem Büro hängen die Fotos der Mitarbeiter vorheriger Kindergartenjahre. Auf denen sind Frauen zu sehen, ausnahmslos. In Kevelaer ist Stenmans der einzige Mann, der einen Kindergarten leitet, und das auch erst seit einem Jahr.

"Ich bin einfach nur Erzieher", betont er. "Kein studierter Sozialpädagoge." Das habe sich zeitlich, finanziell und familienplanerisch nicht ergeben. Stenmans ist verheiratet und Vater einer Tochter. "Es wäre gut, wenn mehr Männer in Kindergärten arbeiten würden, auch was den Geschlechterausgleich angeht", lautet seine Überzeugung. Es scheitere halt am Geld. "Ich war schon irritiert darüber, dass ich in den ersten zwei Jahren meiner Ausbildung nichts verdient habe, sondern erst im Letzten",sagt Stenmans.

Vor dem Berufsstart stand die Suche. "Ich hatte viele Praktika gemacht, unter anderem als Hotelfachmann", sagt der 36-Jährige. Eine Ausbildung als Versicherungskaufmann fing er an und stellte fest, das passte nicht. Er ging zum Berufsinformationszentrum. "Fotograf klang spannend, weil es kreativ ist, Erzieher las sich auch spannend, auch wenn ich vorher nichts mit Kindern zu tun hatte." Das machte aber nichts. In der Gelderner Kita Uhlandstraße absolvierte er ein Praktikum. Von Anfang an hätte er einen guten Draht zu den Kindern gehabt. "Je länger ich da war, desto besser hat es mir gefallen."

Über das Thema Gehalt habe er sich damals nicht viele Gedanken gemacht. "Ich hatte keine Ahnung, was mich mein Leben kosten wird", sagt er über seine jugendliche Unbeschwertheit. "Ich würde einem Mann allein wegen des Finanziellen nicht raten, Erzieher zu werden", sagt Stenmans. "Es sei denn, er hat die Idee, Leiter zu werden, das ist dann ein größerer finanzieller Schritt." Nichtsdestotrotz wird seine Frau, ebenfalls Erzieherin, in Teilzeit mitverdienen müssen, wenn die Elternzeit vorbei ist. "Das Geld lockt einen nicht in diesen Job, da könnte die Politik ruhig ein bisschen mehr tun", fordert Stenmans. "Der Gesetzgeber muss den Erziehern, männlich wie weiblich, auch was bieten."

Trotzdem würde er sich immer wieder für seinen Beruf entscheiden. Warum? Wegen der Kinder. "Die sind jung, frisch, unverbraucht, kennen die Schattenseiten des Lebens nur bedingt", sagt Stenmans. Seine Aufgabe und die seiner Kollegen sieht er darin, "das Beste zu tun, die Kinder aufs Leben vorzubereiten und stark zu machen, in Zusammenarbeit mit den Eltern." Und die Kinder, die nehmen ihn, wie er ist. "Ich bin kein Fußballmensch", gibt der 36-Jährige zu. Aber wenn er in eine Kindergartengruppe kommt, dann stehen die Jungs Schlange und wollen toben. "Aber, ein Mann im Kindergarten kann niemals die Vaterrolle überschatten", stellt er klar. Statt zum Fußball greift Stenmans lieber zur Gitarre.

Kreativ sein, das passt auch zu seinem Nebenberuf. "Ich schreibe Gruselgeschichten", sagt Stenmans. Die spielen in Kevelaer und Umgebung. Denn Geschichten erzählen, das mache er gerne. Den Kindern auch. "Aber andere", sagt er lachend. Quatschgeschichten, die lieben die Kleinen. "Ich mache Dinge anders als meine Vorgängerin", stellt Stenmans nach einem Jahr als Kindergartenleiter fest. "Vielleicht liegt es daran, dass ich ein Mann bin, vielleicht aber auch daran, weil ich neu bin."

(RP)
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