Kreis Viersen Wohnen in Viersen, arbeiten in Venlo

Kreis Viersen · Für immer mehr Deutsche ist ein Job im Nachbarland attraktiv. Allein im vergangenen Jahr vermittelte die Arbeitsagentur Krefeld mehr als 250 Berufstätige in die Niederlande. Tim Rühl aus Viersen ist einer von ihnen.

 Der Viersener Tim Rühl mit seiner niederländischen Arbeitgeberin Sophie Ottenheijm von MGG.

Der Viersener Tim Rühl mit seiner niederländischen Arbeitgeberin Sophie Ottenheijm von MGG.

Foto: Emily Senf

Vor knapp zwei Monaten hat sich Tim Rühl bei der Firma MGG in Venlo vorgestellt, zwei Tage später konnte er anfangen. Offenheit, Flexibilität und gute Verdienstmöglichkeiten - den 31-jährigen Viersener hat sein niederländischer Arbeitgeber schnell überzeugt. Der wiederum kennt die Vorzüge seiner deutschen Angestellten. "Sie haben in der Regel eine sehr fundierte Ausbildung", sagt Sophie Ottenheijm, Prozess-Spezialistin bei MGG, einem Unternehmen für Aluminium-Sandguss. "Uns ist der Hintergrund eines Bewerbers egal, wir suchen einfach die Besten."

Rühl ist einer von über 250 Deutschen, denen die Agentur für Arbeit Krefeld in den vergangenen zwölf Monaten eine Stelle in den Niederlanden vermittelt hat. Möglich gemacht hat das eine Kooperationsvereinbarung mit der niederländischen Arbeitsverwaltung UWV Noord- en Midden-Limburg. Man sei sehr zufrieden, sagte gestern Dirk Strangfeld, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Krefeld. Im Moment biete der niederländische Markt gute Chancen für deutsche Arbeitnehmer, denn rund um Venlo entstünden große Logistikbereiche. Andersherum sei es aber etwas schwieriger: 38 Niederländer wurden im vergangenen Jahr nach Deutschland vermittelt. "Aber der Markt kann sich jederzeit ändern", sagte der Projektverantwortliche Markus Rahn. Die Grundvoraussetzungen für deutsche Arbeitnehmer in den Niederlanden sind laut Don Thijssen von der UWV gut: So gibt es beispielsweise Fahrgeld, und ein Lagerarbeiter ginge schon mit monatlich 1800 Euro netto nach Hause. Dazu sei es keine Voraussetzung, Niederländisch zu sprechen. "Bei uns in der Firma beispielsweise können die Teamleiter alle Deutsch", sagte Ottenheijm. Manche Sparten allerdings fallen dadurch raus, gab Rahn zu: "Im technisch-gewerblichen Bereich zählt das Handeln, bei Marketing und Sales wird es dagegen schwieriger", sagte er. Dafür würden sich die niederländischen Arbeitgeber auch mehr trauen. Erst kürzlich etwa habe ein Unternehmen einen Arbeitnehmer eingestellt, der ein Jahr vor der Rente steht. Auch Lücken im Lebenslauf würden seltener als Problem gesehen. Von dieser Mentalität möchte Strangfeld lernen. "Wir versuchen, sie auf unser normales Geschäft zu übertragen", sagte er. Wer in Deutschland wohnt und in den Niederlanden arbeitet, kann in beiden Ländern die Krankenversicherung nutzen. Allerdings ist er nicht in Deutschland sozialversichert und zahlt somit nicht in die deutsche Rentenkasse ein. Er baut in den Niederlanden die AOW-Leistung (Allgemeines Altersgesetz) auf, diese wird von der Sociale Verzekeringsbank ausgezahlt. Zudem muss er in beiden Ländern eine Steuererklärung abgeben. Dass die geplante Maut negative Auswirkungen auf die Pendler nach Deutschland haben könnte, glaubt Joachim Straeten, Geschäftsstellenleiter der Arbeitsagentur in Viersen, nicht: "Man muss nicht die Autobahn nutzen, und der öffentliche Nahverkehr wird immer besser."

(RP)
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