Gemeinde Grefrath Von Liebe, Heimat und Reitern in der Steppe

Gemeinde Grefrath · Das iranisch-mongolische Quartett "Sedaa" war zu Gast in der Grefrather Buchhandlung.

Wenn die geschnitzten Pferdeköpfe der mongolischen Geigen neben den Gesichtern der Musiker im Takt mitschwingen, dann beginnt das Kopfkino. Es zeigt Bilder von Reitern in der Steppe, von Abenden am Feuer. Man glaubt, den Wind und die Einsamkeit in der großen leeren Landschaft zu fühlen. Bereits zum dritten Mal gastierte das iranisch-mongolische Quartett "Sedaa" (persisch: "Stimme") in der Grefrather Buchhandlung bei Karl Groß, der regelmäßig seinen Verkaufsraum in eine Bühne für Kultur verwandelt. Und dem es nun schon im 19. Jahr gelingt, Künstler, die eigentlich größere Veranstaltungsorte gewohnt sind, durch die besonders angenehme und intime Atmosphäre nach Grefrath zu locken.

Sogar ein eigens angeschafftes Bühnenpodest kam nun zum ersten Mal zum Einsatz. "Damit Sie auch alle einen guten Blick haben", so Karl Groß bei der Begrüßung der vielen Gäste, die es sich auf engem Raum zwischen Büchern und mit einem Glas Wein in der Hand bereits erwartungsvoll bequem gemacht hatten. Erneut hatten die Musiker von Sedaa die Einladung auf die Hochstraße angenommen, an einen Ort "von dem sie zuvor nie gehört hatten", wie Omid Bahadori, ein iranischer Multi-Instrumentalist zu Beginn des Konzerts freimütig einräumt.

Er ist es, der das ungewöhnliche Programm erläuternd begleitet. Denn den Iran und die Mongolei trennen nicht nur viele Kilometer, sondern auch ganz unterschiedliche kulturelle Ausrichtungen. Doch die hochbegabten Musiker haben in den neun Jahren ihrer Zusammenarbeit auf diesen Grundlagen einen besonderen Klang entwickelt, der traditionelle Instrumental- und Gesangstechniken mit modernen Elementen auflockert und variiert. Eine fremde und exotisch-faszinierende Tonwelt wird so angenehm hörbar und sehr unterhaltsam aufbereitet. Neben traditionellen mongolischen Instrumenten, wie den Pferdekopfgeigen, einem Zupfinstrument, das Dombra genannt wird, und der mongolischen Oboe namens Bischgur, kommen auch Gitarre und Schlagzeug zum Einsatz. Das mongolische Hackbrett mit 120 Saiten war an diesem Abend durch die persische Version mit "nur" 72 Saiten ersetzt worden, da ein iranischer Musiker kurzfristig für das erkrankte Ensemblemitglied aus der Mongolei eingesprungen war. In den instrumentalen Klangteppich nahtlos eingeflochten werden die faszinierenden mongolische Kehlkopfgesänge, die Nasaa Nasanjargal und Naraa Naranbaatar virtuos darbieten. Durch eine besondere Technik werden einerseits sehr tiefe Töne erzeugt, andererseits wird im Obertonbereich der Eindruck einer Mehrstimmigkeit erzeugt. Die Stimme wird hier zum erstaunlichen Instrument. Und so schwingt, schwebt und pulsiert eine Melodie in die nächste. Es geht um Liebe, Heimat, Einsamkeit, Sehnsucht - und immer wieder um Pferde. Es ist eine Musik, die die Zuhörer in einen tranceartig-entspannten Zustand versetzt. Was sie jedoch nicht daran hindert, durch lebhaften Applaus die Musiker erst nach zwei Zugaben zu entlassen.

(RP)
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