Kempen Verfassungsschützer warnen vor IS

Kempen · Das sicherheitspolitische Forum beschäftigte sich mit den Flüchtlingsströmen und der Herausforderung für die Sicherheitsbehörden. Der Verfassungsschutz lässt sich nicht in die Karten schauen.

Nutzen Terroristen die Flüchtlingsströme, um nach Deutschland einzusickern? Wie gut organisiert ist der so genannte Islamische Staat überhaupt? Wie rekrutiert er seine Mitglieder? Und wie gefährlich ist der Rechtsextremismus? Das sind Fragen, die nicht nur viele Bürger, sondern auch die Sicherheitsbehörden umtreiben.

Deshalb hatte das Sicherheitspolitische Forum des Reservistenverbandes hochkarätige Referenten eingeladen, die zu dem Thema Stellung nahmen: Rolf Tophoven, den Direktor des Essener Instituts für Krisenprävention und Burkhard Freier, den Chef des NRW-Verfassungsschutzes. Rolf Tophoven beschäftigte sich mit dem IS und der Lage in Syrien. "Hinter dem Islamischen Staat stecken die Geheimdienstler und Offiziere des irakischen Saddam-Regimes", erklärt er. "Die Fußsoldaten jagen sich in die Luft, aber die Masterminds sitzen im Hintergrund." Darüber, dass sich Kämpfer unter die Flüchtlinge mischen, gebe es keine belastbaren Erkenntnisse, aber: "Die Islamisten profitieren vom Flüchtlingsstrom, weil er ein destabilisierender Faktor in Europa ist", meint Tophoven.

Verfassungsschützer Burkhard Freier betont, dass die Sicherheitsbehörden sehr wachsam seien, auch immer wieder Hinweisen von Flüchtlingen auf angebliche Islamisten nachgingen, aber bisher keine Beweise gefunden hätten. "Die Asylbewerber sind vor den Terroristen geflohen, sie sind nicht der Terror", sagt er. Dennoch versuche der IS, die Situation auszunutzen, indem Hinweise gestreut würden, um zu zeigen, dass die Attentäter von Paris die Flüchtlingsroute genutzt hätten. Damit solle die Gesellschaft in Europa gespalten und gegen die Flüchtlinge aufgebracht werden. Eine ernste Gefahr für die Sicherheit seien dagegen die Rückkehrer aus Syrien, die zutiefst verroht seien und Hass auf die Gesellschaft mitbrächten, sagt Freier.

Er nennt vier R's, um die Gefahren durch die Salafisten zu beschreiben: die Radikalisierung, die Rekrutierung, die Reisewege und die Rückkehr. Das Problem: Die Radikalisierung ist nicht strafbar. Und die Rückkehr kann man bei deutschen Staatsbürgern auch nicht verhindern. Das sind die Dschihadisten nämlich meist: jung, männlich und Deutsche mit Migrationshintergrund. Etwa 50 Rückkehrer zählt der Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen, insgesamt rund 500 gewaltbereite Salafisten. Die Radikalisierung erfolgt heute schnell, oft vergehen nur drei Monate. Der Erstkontakt findet häufig über die Lies-Veranstaltungen statt, bei denen der Koran verteilt wird. Es kommt auch zu Missionierungsversuchen unter Flüchtlingen.

Eine weitere Gruppe, die der Verfassungsschutz gezielt im Auge behält, sind die Rechtsextremen. 22.000 Menschen mit rechtsextremer Gesinnung gibt es in Deutschland, die Zahl steigt nicht, aber ihr Einfluss. Im Netz toben sie sich besonders aus. "Hetze und verbale Gewalt im Internet, die von virtueller Zustimmung begleitet werden, führen zu gewalttätigen Übergriffen in der Realität", stellt Freier fest. Auch die Bedrohung von Helfern, Journalisten und Politikern durch die rechte Szene nimmt zu.

Schließlich kümmert sich der Verfassungsschutz auch um importierte Konflikte, beispielsweise wenn bei Demonstrationen Kurden und Türken aneinandergeraten. Und um die Linksextremen, die als Reaktion auf rechte Demonstrationen auf die Straße gehen und mit Gewalt antworten.

Die Sicherheit gefährdende Gruppen gibt es also viele, aber die Sicherheitsbehörden haben ihre Methoden, die Szenen im Blick zu haben und einzugreifen. Der Verfassungsschützer lässt sich natürlich nicht in alle Karten blicken, nennt aber die enge Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden als ein wichtiges Mittel ebenso wie die Ausreiseverhinderung und vereinsrechtliche Verbotsverfahren.

(RP)
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