Stadt Kempen SPD erneuert Kritik an Finanzpolitik

Stadt Kempen · Die Kempener Sozialdemokraten bemängeln, dass zu viele politische Beschlüsse von der Stadtverwaltung nicht in angemessener Zeit umgesetzt werden. Sie meinen, die Politik habe die Kontrolle über den städtischen Etat verloren.

 Wer bestimmt die Richtlinien der Politik in Kempen? Die SPD befürchtet, dass sich die Parteien im Stadtrat zunehmend das Heft von der Stadtverwaltung aus der Hand nehmen lassen.

Wer bestimmt die Richtlinien der Politik in Kempen? Die SPD befürchtet, dass sich die Parteien im Stadtrat zunehmend das Heft von der Stadtverwaltung aus der Hand nehmen lassen.

Foto: Stefan Finger

Die Kempener SPD sieht sich als konstruktiven Partner aller im Stadtrat vertretenen Parteien und Gruppierungen sowie der Stadtverwaltung. "Wir sind zum Wohle der Stadt und der Bürger, die hier leben, immer am Dialog interessiert", sagen SPD-Parteichef Jürgen Pascher und der Vorsitzende der SPD-Stadtratsfraktion, Andreas Gareißen. Im Gespräch mit der Rheinischen Post legen die beiden erfahrenen Kommunalpolitiker allerdings großen Wert darauf, dass die SPD im Rat kein Mehrheitsbeschaffer für die CDU sein möchte. "Wir betreiben unsere eigene soziale Politik, legen den Finger auch in Wunden, auch wenn's manchmal weht tun sollte", sagt Gareißen.

Persönlich weh getan hat dem Technischen Beigeordneten Stephan Kahl die Ankündigung der SPD, ihn demnächst nicht mehr für eine zweite Amtszeit wiederwählen zu wollen. "Wir haben gegen Herrn Kahl doch nichts persönlich. Aber wir meinen, dass es Zeit ist, dass ein anderer Experte an der Spitze des Baudezernats die Leitung übernimmt. Dafür sind die Aufgaben, die dort zu bewältigen sind, einfach zu wichtig", meinen Pascher und Gareißen. Für die Sozialdemokraten steht daher fest, dass sie bei einer möglichen Wiederwahl des Dezernenten Kahl ihre Stimme nicht geben werden.

Im Zuge der Haushaltsberatungen hatten die Sozialdemokraten eine Strukturreform im Baudezernat gefordert. Die wäre mit einem neuen Mann an dessen Spitze leichter umzusetzen als mit dem Amtsinhaber, der vor allem von der CDU für eine zweite Amtszeit favorisiert wird. Sollte Bürgermeister Volker Rübo Kahl für eine Wiederwahl vorschlagen und davon ist auszugehen, wird die zweite Amtszeit des Beigeordneten statt der üblichen acht nur rund zwei Jahre dauern, denn dann geht Kahl in Ruhestand.

Stichwort: Strukturreform. Die fordert die SPD-Ratsfraktion weiterhin für die gesamte Stadtverwaltung. Es gibt Fachbereiche, die fast "in Arbeit ersticken", und andere, wo das Personal möglicherweise noch Kapazitäten hat. "Wir haben eine Fürsorgepflicht fürs städtische Personal. Der teilweise hohe Krankenstand ist alarmierend. Da müssen wir dringend umsteuern", meint Gareißen. Vor allem das Dezernat von Michael Klee - Schule, Soziales und Senioren, Jugend sowie Sport - sei besonders strapaziert durch die verschiedenen Projekte - nicht zuletzt durch die dramatisch sich zuspitzende Entwicklung bei der Unterbringung von Flüchtlingen.

Auch die städtischen Finanzen sind ein wichtiges Thema für die Sozialdemokraten. Hier haben sie immer wieder das Fehlen von Jahresabschlüssen, die seit 2009 im Zuge des Neuen Kommunalen Finanzmanagements gesetzlich vorgeschrieben sind, angemahnt. Die Stadt Kempen habe sich damit vergleichsweise viel Zeit gelassen. Mittlerweile sei dank des Engagements des Stadtkämmerers Hans-Josef Aengenendt da viel nachgeholt worden. Dass Aengenendt einen guten Job macht, ist auch bei den Sozialdemokraten unbestritten. Doch der Kempener Kämmerer kandidiert am 13. September als CDU-Bewerber bei der Bürgermeisterwahl in der Nachbarkommune Wachtendonk. Er gilt dort als aussichtsreichster Bewerber, was - sollte er tatsächlich gewählt werden - zur Folge hätte, dass Kempen nach gut zwei Jahren wieder einen neuen Stadtkämmerer bräuchte. Das bedeutet für die SPD, dass der neue Haushaltsentwurf für 2016 wohl erst Anfang kommenden Jahres in den Rat eingebracht und die Verabschiedung sich - wie zuletzt - bis ins Frühjahr hinziehen wird. "Wir müssen wieder zu einer Jährlichkeit beim Haushalt zurückkommen, damit die Stadt ihre Aufgaben zeitnah abarbeiten kann", meint SPD-Finanzexperte Gareißen. Die SPD hatte bereits bei ihren Haushaltsberatungen festgestellt, dass eine Vielzahl von Aufgaben als so genannte Ermächtigungsübertragungen von Jahr zu Jahr unerledigt verschoben würde. Auch hierbei könnte eine grundlegende Verwaltungsreform, bei der auch die Aufgabenabwicklung auf den Prüfstand kommt, hilfreich sein. "Der Stadtrat muss einfach wieder die Kontrolle über die Finanzen unserer Stadt bekommen", sagt Gareißen.

Lob gibt es für die Quartierskonzepte fürs Hagelkreuz und die Wartsbergsiedlung. "Letzteres beruht auf einem alten SPD-Antrag, der nun endlich umgesetzt wurde. Da wurde sehr gute Arbeit geleistet. Jetzt haben wir endlich konkrete Zahlen, was die Sanierung der Gebäude mit Blick auf den Klimaschutz betrifft", so Pascher. Allerdings sei das Thema bei vielen Anwohnern auf dem Wartsberg noch gar nicht bekannt, haben die Sozialdemokraten festgestellt. Deshalb beantragen sie, dass Stadtverwaltung, Stadtwerke und Hochschule Düsseldorf das Konzept nach den Sommerferien bei einer Bürgerversammlung noch einmal erläutern. In Sache Denkmal Zeche plädiert die SPD, eine mögliche Nachfolgenutzung ohne Zeitdruck zu überlegen. "Da sollten wir jetzt nichts übers Knie brechen", so Gareißen . Schwierigkeiten sehen die Sozialdemokraten, vermehrt günstige Mietwohnungen in Kempen anzubieten. "Es dürfte bei der derzeitigen Konjunktur schwer sein, Investoren zu finden, die Wohnungen mit Sozialbindung errichten und anbieten", sagt Gareißen.

Was die künftige Sozialpolitik in der Stadt Kempen betrifft, will die SPD-Fraktion in den kommenden Monaten eigene Vorstellungen entwickeln. Dazu wurde eine interne Arbeitsgruppe eingerichtet. Schließlich sieht Jürgen Pascher als Vorsitzender des Kempener Sportausschusses den vom Beigeordneten Klee vorgeschlagenen Weg, ein Sportentwicklungskonzept zu entwickeln und dann in der Politik und mit dem Stadtsportverband und den Vereinen zu diskutieren, als richtig an. Dazu sollte gegebenenfalls externer Sachverstand - etwa vom Landessportbund - hinzugezogen werden. Pascher warnte jedoch vor einem Schnellschuss in dieser Sache. Er sprach sich auch dafür aus, den Stadtsportverband zu stärken. Derzeit seien große Sportarten gar nicht in der Spitze dieses Gremiums vertreten. Das müsse sich ändern, appellierte er an die Vereine. Ein starker Stadtsportverband könnte als erster Ansprechpartner der Stadt künftig auch für die Abwicklung von Förderanträgen oder die Verteilung der Hallennutzungszeiten zuständig sein, so Pascher.

(RP)
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