Stadt Kempen Rundreise durch Kempener Geschichte

Stadt Kempen · Zum Internationalen Denkmaltag begeisterten in Kempen gleich fünf Objekte die Besucher. Es ging in luftige Höhen, Kapellen lockten und es gab Geschichte zum Anfassen.

 Die Kriegergedächtniskapelle in Schmalbroich-Ziegelheide aus dem Jahr 1873 stellt Gottfried Syben vom Heimatverein Schmalbroich den Besuchern vor.

Die Kriegergedächtniskapelle in Schmalbroich-Ziegelheide aus dem Jahr 1873 stellt Gottfried Syben vom Heimatverein Schmalbroich den Besuchern vor.

Foto: Kaiser Wolfgang

"Das ist unsere Knippen-stuuev", sagt Frank Schubert. Ein Satz, der bei dem jüngeren Paar einen fragenden Blick auslöst. Schubert vom St. Huberter Heimatverein setzt für die neu zugezogenen Kempener zur benötigten Erklärung an. Die beiden erfahren, dass es sich bei der Stuuev um die sogenannte Gute Stube handelt, die nur zu hohen Feiertagen oder bei runden Geburtstagen genutzt wurde. Knippen ist hingegen der Namensgeber, denn Toni Knippen war es, der seine historisch wertvollen Möbel dem St. Huberter Heimatverein für das Weberhaus vermachte. Die mächtige Truhe, das Tellerbord und der alte Eichenschrank begeistern sichtlich. "In der Truhe haben wir noch einen besonderen Schatz. Es handelt sich um eine Bibel aus dem Jahr 1548", berichtet Werner Bovenschen.

Aber nicht nur in der Guten Stube ist Staunen angesagt. Das Weberhaus hat all seine Türen geöffnet und überall sind die Mitglieder des Heimatvereins im Einsatz, um den Besuchern ein Stück St. Huberter Geschichte näher zu bringen. Heinz Klinkhammer lässt so in der Webstube das Schiffchen am großen Webstuhl sausen, während ein Stückchen weiter den Besuchern anhand der vorhandenen Werkzeuge die Flachsverarbeitung näher gebracht wird. Besucher schieben sich die schmale Treppe in die erste Etage hinauf, schauen neugierig in die Schlafkammer und werfen einen Blick in die Küche mit dem rustikalen Herd.

 In Inneren der Kastenbockwindmühle in Tönisberg ist noch das gesamte Mahlwerk vorhanden. Es könnte sofort wieder zu mahlen beginnen.

In Inneren der Kastenbockwindmühle in Tönisberg ist noch das gesamte Mahlwerk vorhanden. Es könnte sofort wieder zu mahlen beginnen.

Foto: Kaiser Wolfgang

Aber nicht nur hier kann Geschichte pur erlebt werden. Im Rahmen des Internationalen Denkmaltages ermöglichen die verschiedenen Heimatvereine sowie die Stadt Kempen in gemeinsamer Regie Einblicke in die Vergangenheit. Hoch hinaus geht es dabei in Tönisberg, denn hier hat die Kastenbockwindmühle ihre Türen geöffnet. Wer sie betreten möchte, muss aber etwas für den flachen Niederrhein Ungewöhnliches tun: bergauf wandern. Die Mühle liegt auf einem Hügel und bildet den krönenden Abschluss der Erhöhung. Die gewaltige Unterkonstruktion, bei der allein der 7,5 Meter hohe Bock schon 2,5 Tonnen wiegt, beeindruckt genauso wie die 18 Meter langen, etwas gebogenen Flügel.

Nicht nur von außen ist die Mühle ein wahres Schmuckstück. Über die steile Treppe hinauf geht es 4,80 Meter nach oben in den Mehlraum. An dieser Stelle lief früher das Mehl von den beiden Trichtern in die darunter hängenden Säcke. Wer sich die nächste steile Stiege hinaufwagt, der erreicht den Mehlsöller mit der eigentlichen Technik der Mühle. Das Kammrad aus Eichenholz, das mit der Flügelwelle verbunden ist und auf der wiederum die Flügel sitzen, das Königsrad, die Königswelle - alles ist vorhanden und theoretisch könnte die Kastenbockwindmühle wieder ihre alte Funktion aufnehmen. Aber auch ohne knirschende Mahlsteine lässt der Heimatverein Tönisberg den Mehlvorgang lebendig werden.

 Im Weberhaus sind die Mitglieder des St. Huberter Heimatvereins aktiv. Heinz Klinkhammer lässt in der Webstube das Schiffchen am großen Webstuhl sausen. Die Besucher sind beeindruckt, einmal einen Handwebstuhl in Aktion zu erleben.

Im Weberhaus sind die Mitglieder des St. Huberter Heimatvereins aktiv. Heinz Klinkhammer lässt in der Webstube das Schiffchen am großen Webstuhl sausen. Die Besucher sind beeindruckt, einmal einen Handwebstuhl in Aktion zu erleben.

Foto: Wolfgang Kaiser

An der Kriegergedächtniskapelle in Schmalbroich-Ziegelheide stellt Gottfried Syben vom Heimatverein Schmalbroich indes die aus dem Jahr 1873 stammende Kapelle den Besuchern vor. "Ich bin hier schon so oft mit dem Rad vorbei gefahren, aber ich war noch nie in der Kapelle selber", bemerkt einer der Besucher. Syben kennt die Geschichte der Kapelle bestens, wobei er aber auch auf die geplanten Instandsetzungsarbeiten hinweist, die von Seiten der Stadt Kempen geplant sind. Der Putz der Kapelle weist zahlreiche Risse auf und eine Sanierung ist dringend erforderlich. "Aber vor der Sanierung freuen wir uns erst einmal auf die Rosenkranzandachten im Oktober, die jeden Werktag um 17.30 Uhr stattfinden", informiert er. Aber nicht nur die kleine Kapelle in Schmalbroich verzaubert. Das macht auch St. Peter am anderen Ende von Kempen. So mancher Besucher, der die Kapelle verlässt, macht das allerdings mit einem etwas verspannten Nacken. Der Grund dafür liegt in der außergewöhnlichen Holzdecke, die aufgrund ihrer Gemälde zum längeren Verweilen in der ungewohnten Haltung, Kopf in den Nacken und nach oben schauen, einlädt. Bei der idyllisch im Kempener Süden gelegenen Kapelle handelt es sich um das älteste Baudenkmal im Kreis Viersen. Man geht davon aus, dass ein Vorläufer der heutigen Steinkapelle schon im frühen neunten Jahrhundert als hölzerner Vorgängerbau bestanden haben soll. Ganz so alt ist die Kempener Burg noch nicht, aber der Fernblick, den sie bietet, kann sich ebenfalls sehen lassen.

(tref)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort