Stadt Kempen Romantisches auf der neobarocken Orgel

Stadt Kempen · Der Berliner Domorganist Andreas Sieling überzeugte bei seinem Konzert in der gut besuchten Propsteikirche in Kempen - im Reger-Jahr - auch mit Max Regers Fantasie über den Choral "Wachet auf, ruft uns die Stimme".

 Andreas Sieling studierte Orgel an der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf bei Hans-Dieter Möller, Kirchenmusik in Halle und Musikwissenschaft, Germanistik und Publizistik in Berlin.

Andreas Sieling studierte Orgel an der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf bei Hans-Dieter Möller, Kirchenmusik in Halle und Musikwissenschaft, Germanistik und Publizistik in Berlin.

Foto: ACHIM HÜSKES

"Meinem Freund Karl Straube in herzlichster Dankbarkeit zugeeignet", mit dieser Widmung versah Max Reger seine Fantasie über den Choral "Wachet auf, ruft uns die Stimme", die er im Jahre 1900 in Weiden (Oberpfalz) komponierte. Der Widmungsträger führte das Werk bald darauf an der Sauer-Orgel des Willibrordi-Domes in Wesel zum ersten Mal auf und bezeichnete es als "Regers großartigste Leistung". Straube - Orgelvirtuose, Chorleiter, Musikwissenschaftler und ab 1918 Thomaskantor - hatte seine erste Organistenstelle am Berliner Dom. Dort war im Jahre 1895 die größte Orgel der Firma Sauer eingeweiht worden. Deren romantisches, an den Orchesterinstrumenten orientiertes Klangideal sollten die zahlreichen Bearbeitungen barocker Kompositionen, die Karl Straube besorgte, maßgeblich beeinflussen.

Aus Berlin und von eben dieser Orgel der Firma Sauer kam Domorganist Andreas Sieling an den Niederrhein und hatte für sein recht gut besuchtes Konzert in der Propsteikirche selbstverständlich - es ist Reger-Jahr - als wichtigste und das Konzert abschließende Komposition eben dieses oben erwähnte groß dimensionierte Opus mitgebracht. Nun ist es auf einer neobarocken Orgel wie der in der Propsteikirche nicht so einfach, sich dem originalen "Reger-Klang" zu nähern, doch Sieling kam ihm mit geschickter Registerwahl schon recht nahe. Das zunächst über längere Distanz von düsterem Pianissimo geprägte Opus, das nur an einigen Stellen von "niedersausenden Blitzen, die die himmlische Herrlichkeit symbolisieren" (Reger) unterbrochen wird, steigert sich - den drei Strophen des Philipp-Nicolai-Chorales (1599) entsprechend - zum strahlenden Höhe-und Endpunkt ("Gloria sei Dir gesungen"), der - nicht zuletzt dank des makellosen Spiels des Berliner Gastes - seine Wirkung auf die faszinierten Zuhörer nicht verfehlte.

Johann Sebastian Bachs Kompositionen sind natürlich wie geschaffen für den strahlkräftigen barocken Klang der Albiez-Orgel. Es seien vor allem das Präludium h-Moll BWV 544 und "Schmücke dich, o liebe Seele" BWV 654 genannt - hier fand der Interpret ein besonders reizvolles Soloregister für den Cantus firmus (die Melodiestimme) im Sopran.

Der Choral mit sechs Variationen "Meinen Jesu lass' ich nicht" von Johann Gottfried Walther (1684-1748) erklang in einer Bearbeitung von Karl Straube, die das anmutige Werk um Vieles abwechslungsreicher und farbiger machte.

(oehm)
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