Stadt Kempen Ovationen für ein fantastisches Konzert

Stadt Kempen · Die venezolanische Ausnahme-Pianistin Gabriela Montero spielte zum zweiten Mal in Kempen. In der ausverkauften Paterskirche begeisterte sie mit Brahms und Schubert, vor allem aber mit ihren Improvisationen auf Zuruf.

 Gabriela Montero, nach vier Jahren wieder in Kempen, freute sich sehr, an diesen schönen speziellen Ort zurückzukommen. Ihr ausverkauftes Konzert in der Paterskirche eröffnete die Saison der Kempen Klassik-Konzerte.

Gabriela Montero, nach vier Jahren wieder in Kempen, freute sich sehr, an diesen schönen speziellen Ort zurückzukommen. Ihr ausverkauftes Konzert in der Paterskirche eröffnete die Saison der Kempen Klassik-Konzerte.

Foto: WOLFGANG KAISER

Sie hatte ein strammes Programm hinter sich: Von einer kleinen Chile-Tournee nach Hause in Barcelona zurückgekehrt, dann Konzert in London bei den BBC Proms, weiter zum Luzern-Festival. Und gestern, am Tag nach dem fulminanten Konzert zum Kempener Saison-Auftakt, probte sie in der Paterskirche bereits für das nächste Konzert beim Musikfest Bremen. Gabriela Montero gehört heute zu den weltweit besten Pianistinnen. Und es ist allein der Stiftung "Bürger für Klassik" zu verdanken, dass diese Ausnahme-Pianistin nach 2012 erneut in Kempen zu erleben war. Wenn viele Jazzer über Orchestermusiker spötteln, diese könnten nur vom Blatt spielen, so trifft das für Montero nicht zu. Sie ist für ihre einzigartige Fähigkeit, auf dem Klavier zu improvisieren, weltberühmt.

Diese vielbeschäftigte Pianistin gab sich in der Paterskirche völlig unaufgeregt und schlicht. Ohne Drama und große Geste setzte sie sich an den Flügel und spielte einfach umwerfend - zart wie energisch zugleich. Die angekündigte Klaviersonate h-moll von Franz Liszt strich sie aus ihrem Programm - mit der charmanten Begründung, das sei zuviel Stress fürs Publikum. Stattdessen wählte sie die vier Impromptus op. 90 von Franz Schubert. Sie ließ diese "Ohrwürmer" mit ihren perlenden Läufen wunderbar neu erleben. An den Anfang ihres Konzertes stellte sie die drei Intermezzi op. 117 von Johannes Brahms. Die Kompositionen werden gerne als "Monologe eines Einsamen" beschrieben, Brahms selber nannte sie gegenüber seinem Krefelder Freund Rudolf von der Leyen "Wiegenlieder meiner Schmerzen". So blieb die Stimmung des ersten Teils des Konzertes von einer sanften Melancholie durchzogen.

Das änderte sich schnell. Nach der Pause zeigte sich Montero als versierte Improvisations-Künstlerin. Sie bat das Publikum um Vorschläge. Und so wurde aus John Lennons "Imagine", einer Hymne der Friedensbewegung, ein Bachscher Klangkosmos. Andere Vorschläge waren "The Wind of Change", die "Marseillaise" oder "Summertime" aus Gershwins "Porgy und Bess" und ließen bei den Improvisationen an Chopin, aber auch Jazz und Boogie Woogie denken. Das Publikum war aus dem Häuschen und dankte am Ende mit stehenden Ovationen.

Später erzählte Gabriela Montero von medizinischen Experimenten, die belegten, dass beim Improvisieren ganz andere Gehirnpartien aktiv sind als beim Spielen von Bach oder Beethoven. Und immer wieder muss sie ihren Bewunderern wie skeptischen Zuhörern versichern, dass sie keinen Plan oder vorgefasste Versatzstücke für ihre Improvisationen habe. Die Venezolanerin, die mit ihrer Familie aus den USA nach Barcelona gezogen ist, liebt das deutsche Publikum. Es sei eines der besten in der Welt, weil es so unglaublich offen und aufmerksam sei. Bei aller Internationalität bleibt sie eine Botschafterin ihres Heimatlandes. Sie trägt nicht nur auffallenden Ohrschmuck in den venezolanischen Landesfarben, sondern setzt sich in den sozialen Medien für Demokratie und Menschenrechte ein. Amnesty International machte sie 2015 zu ersten Honorarkonsulin, die Human Rights Foundation würdigte ihr Engagement.

(RP)
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