Stadt Kempen Neue Ansprechpartner für junge Angeklagte?

Stadt Kempen · In Kempen fürchten Rechtsanwälte wie Wolfgang Lochner, dass die Stadtverwaltung die Jugendgerichtshilfe auf alle Mitarbeiter im Jugendamt verteilt. Die Stadt dementiert dies zum jetzigen Zeitpunkt.

 Jugendliche, hier in der Justizvollzugsanstalt Lüttringhausen, unterstützt beim Prozess die Jugendgerichtshilfe. In Kempen gibt es Gerüchte um eine organisatorische Veränderung beim Jugendamt.

Jugendliche, hier in der Justizvollzugsanstalt Lüttringhausen, unterstützt beim Prozess die Jugendgerichtshilfe. In Kempen gibt es Gerüchte um eine organisatorische Veränderung beim Jugendamt.

Foto: Thilo Saltmann

Wolfgang Lochner, Rechtsanwalt mit dem Schwerpunkt Jugendstrafrecht, ist entsetzt. Nach seinen Kenntnissen will die Stadtverwaltung Kempen die Jugendgerichtshilfe neu regeln. Statt bisher zwei Kräfte im Kempener Jugendamt sollen sich - Lochner zufolge - in Zukunft mehrere Mitarbeiter darum kümmern. "Das wäre eine Katastrophe", sagt der Kempener Anwalt und Vorsitzender der Kreis-FDP voller Überzeugung. Diese Aufgabe könne nur von Personal mit Fachwissen erledigt werden: "Alles andere funktioniert nicht."

Worum kümmert sich die gesetzlich vorgeschriebene Jugendgerichtshilfe? Sie kommt ins Spiel, wenn ein Jugendlicher wegen einer Straftat vor Gericht muss. Ihre Vertreter sind Ansprechpartner für junge Angeklagte, aber auch für Richter und Staatsanwälte. Wird ein Fall nach dem Jugendstrafrecht verhandelt, dann stehen - anders als beim Erwachsenenstrafrecht - erzieherische Aspekte im Vordergrund.

Diese können für den straffälligen Jugendlichen unterschiedlich aussehen; sie sollen auf ihn und seinen Fall abgestimmt sein. Das Spektrum reicht von Sozialstunden, Therapien, Kursen (etwa Anti-Aggressions-Training) bis hin zur Unterbringung in Einrichtungen anstelle der Haft. Ein Beispiel: Schlagen Vertreter der Jugendgerichtshilfe eine Einzeltherapie in einer Einrichtung wie "Haus Dilborn" vor und der Richter folgt diesem Vorschlag, muss das Jugendamt für die Finanzierung sorgen.

Für Wolfgang Lochner läuft die Jugendgerichtshilfe in Kempen bisher "nach einem bewährten System" ab. Für ihn als Anwalt seien feste Ansprechpartner in der Jugendgerichtshilfe "unverzichtbar". Nach seiner Einschätzung seien aber auch Jugendrichter auf "Vorarbeiten und die fachliche Begleitung durch die Jugendgerichtshilfe angewiesen". Für das Kempener Team spreche zudem die jahrelange Erfahrung: Die Mitarbeiter würden sich auskennen, manche Jugendliche über eine längere Zeit begleiten.

In der Sitzung des Kempener Jugendhilfe-Ausschusses am kommenden Dienstag, 23. Februar, wird die Zukunft der Jugendgerichtshilfe ein Thema sein. Dies kündigte Beigeordneter Michael Klee auf RP-Anfragen an. "Ich bin von diesen Gerüchten überrascht", erklärte der Beigeordnete. Er betont: "Konkret haben wir nichts in dieser Richtung vor." Aber Klee räumte ein: "Wir analysieren die Organisation innerhalb der Verwaltung immer wieder." Manchmal könne es sinnvoll sein, Arbeitsprozesse neu zu verteilen. Als Beispiel nannte er die Ansiedlung des Themas "Sexuellen Missbrauch": Lange sei es nur von einer Kraft bearbeitet worden. Dies sei bei Ihrer Abwesenheit problematisch geworden. Seit anderthalb Jahren seien dafür mehrere Mitarbeiter zuständig: "Das ist sinnvoll, die Arbeit auf mehrere Schultern zu verteilen. Damit können wir flexibler reagieren."

Wolfgang Lochner ist bei dem Thema bereits aktiv geworden und hat seine Parteikollegin Irene Wistuba, Vorsitzende der FDP-Ratsfraktion, auf die Problematik aufmerksam gemacht. Auch Wistuba will sich für den "Erhalt des "bewährten System der Jugendgerichtshilfe in Kempen" stark machen.

(RP)
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