Serie Freilichtmuseum Dorenburg Mit dem Vieh unter einem Dach

Gemeinde Grefrath · In einer Serie stellen wir die einzelnen Bestandteile des Freilichtmuseums vor. Heute ist das Wohnhaus Rasseln an der Reihe. Das aus Mönchengladbach-Rasseln stammende Haus ist auf 1630 datiert und damit die älteste Anlage des Geländes.

 Das Wohnhaus Rasseln ist das älteste Gebäude auf dem Gelände des Freilichtmuseums.

Das Wohnhaus Rasseln ist das älteste Gebäude auf dem Gelände des Freilichtmuseums.

Foto: Kaiser

grefrath 1500 Holznägel, über 400 Hölzer, die das Träger- und Dachgerüst ausmachen, darunter Balken von sechs Meter Länge und einem Gewicht von sieben Zentner - das sind die Eckdaten des Zweiständerhauses Rasseln. Was heute im Niederrheinischen Freilichtmuseum in Grefrath steht, hat einst in Mönchengladbach-Rassel, an der Landstraße von Viersen nach Rheindahlen, seinen Standort gehabt. Veitgen Pauen, ein Bauer war es, der das Fachwerkhaus Anfang des 30-jährigen Krieges bauen ließ. "Wobei er demonstrierte, dass er Geld hatte", bemerkt Museumsleiterin Anke Wielebski.

Das spiegelt sich darin wider, dass das Wohnhaus viele Querbalken hat, die gar nicht für die Statik von Nöten wären. Dazu kommen die vielen Fenster, die mit Glasscheiben bestückt sind und nicht mit ölgetränkten Papieren oder Schweineblasen versehen wurden. Die Mengen von Holz und das Glas sind beides Zeichen von Wohlstand. Durch eine Schenkung gelangte das Haus Rasseln 1974 in den Museumsbesitz. Das Wohn- und Stallhaus verdeutlicht, dass es zu seiner Zeit völlig normal war, gemeinsam mit den Tieren unter einem Dach zu leben. Hinter dem sogenannten Herdraum, der Küche und Wohnraum zugleich war, geht es durch eine Tür direkt in den Stall. In diesem Stall gibt es die Schweine zwar nur als Bild über der Stalltüre zu sehen und auch das Pferd ist nicht echt, aber an Lebendigkeit fehlt es nicht.

 In der alten Scheune ging es früher hochprozentig zu. Das war Standard auf den Höfen, aber längst nicht alles war legal.

In der alten Scheune ging es früher hochprozentig zu. Das war Standard auf den Höfen, aber längst nicht alles war legal.

Foto: Kaiser Wolfgang

Zum Ensemble von Haus Rasseln gehört nämlich neben dem Backhaus und der Scheune auch ein großer Misthaufen und den finden die freilaufenden Hühner des Museums mehr als gut. Wenn der Pfau am Brunnen vorbei stolziert und die Laufenten auf der Suche nach etwas Essbaren den alten Steinboden zwischen Haus und Nebengebäuden ablaufen, dann braucht es nicht viel Fantasie, um sich das Leben auf einem Bauernhof vor einigen Hundert Jahren vorzustellen. Auf der Koppeln hinterm Haus grasen die Esel und in der Scheune - sie stammt übrigens aus dem 18. Jahrhundert und stand einst in Rheindahlen - sind nicht nur jede Menge landwirtschaftliche Geräte zu bestaunen. Hier haben auch die beiden Kaltblüter des Museums ihre Boxen samt Paddock und Wiese. Eine Hofhund gibt es zwar nicht, aber dass Hunde früher noch viel mehr Aufgaben als einfach nur das Wachen über Haus und Hof hatten, verdeutlicht das Hundelaufrad am Wohnhaus. "Das war der Antrieb für das Butterfass. Der Hund lief hier wie in einem Hamsterrad und sorgte auf diesem Weg für die Kraftquelle", erklärt Wielebski. Die Stallratte hat indes schon so manchen Besucher einen kurzen Schrei tun lassen, denn sie wirkt mehr als nur echt, wenn sie über die Balken flitzt. Wer die schwarze Katze sucht, der muss ebenfalls genau hinschauen. Ein kleiner Tipp: Sie befindet sich im Wohnhaus Rasseln. Wie Menschen einst auf den Bauernhöfen lebten, davon erhält der Besucher dank der umfangreichen Ausstattung der Hofanlage mehr als nur einen guten Einblick. Die vielen Infotafeln geben dazu weitere Erklärungen. Dass die Betten früher um ein vielfaches kürzer waren als es heute der Fall ist, lag so nicht nur an der kleineren Größe der Menschen. "Der Glaube ging um, dass der Liegende schneller sterben würde. Daher schlief man in einer sitzenden Position", weiß Wielebski zu berichten.

Was es mit Totenbrettern auf sich hatte, warum das Hochzeitskleid einst schwarz war, welche Aufgaben Mägden, Knechten und auch Kindern im Landleben zufielen - das Leben in einer längst vergangenen Zeit wird lebendig. Neugierig kann man in die Schlafstube mit dem Himmelbett und dem Nachttopf unterm Bett schauen, sich überlegen, wer einst in der Wiege gelegen hat und wieviel Wolle wohl schon auf dem Spinnrad gesponnen worden ist. Sich vorzustellen, wie das Feuer loderte und der Kessel am Feuerhaken über die Flammen geführt wurde, fällt nicht schwer, da sowohl Haken und Kessel vor Ort zu bestaunen sind. Krauthobel und Sauerkrautfass erzählen vom früheren Einmachen und der gewaltige Rauchfang über dem offenen Herdfeuer verdeutlicht, dass dort früher nicht nur der Rauch abzog, sondern auch Würste und Schinken zwecks Lagerung hingen.

Den Duft dieser Fleischwaren gibt es zwar nicht mehr zu riechen, aber einmal in der Woche, nämlich mittwochs - in den Sommerferien sogar zweimal, da kommt nämlich der Sonntag dazu - zieht lieblicher Geruch über die Hofanlage. Im Backhaus wird von Mai bis September der Ofen angeheizt und das Dorenburg-Brot gebacken. Wobei das sogenannte Backhaus, 18. Jahrhundert, aus der Honschaft Unterbruch in Schiefbahn stammt. "Das Backhaus diente nicht nur zum Backen, sondern war mit seinem Schlaf- und Sitzplatz auch der Altenteil, wenn der älteste Sohn den Hof übernahm und die Eltern ins kleine Backhaus umzogen", berichtet die Museumsleiterin.

(RP)
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