Kempen Meine Heimat im Samt- und Seidenland

Kempen · Der Lobbericher Heimatverein "Stammtischrunde" unterhielt sich über Karnevalsgesellschaften. Das Gespräch drehte sich vor allem um die auf der Lobbericher "Heide". Ein neues "Komitee" rettete den Karneval Ende der 1950er-Jahre.

Zunächst ging es um Daten und Personen, dann wurde auch gesungen und geschunkelt. Zum Februar-Treffen der "Stammtischrunde" hatte Heinz-Josef Voormanns, viele Jahre Mitglied des Elferrates der "Fidelen Heide", zwei dicke Aktenordner mitgebracht. Darin hat er alle Berichte über seinen Karnevalsverein und den Karneval in Lobberich gesammelt. Was nicht drin stand, hatte er im Kopf. Und so wusste er lebhaft zu erzählen.

Die "Fidele Heide" wurde 1936 im "Heidekrug" bei Matenaar gegründet. Sie war sozusagen Ergänzung zum "Heideröslein", das sich seit 1928 dem Sitzungskarneval in der "Königsburg" (heute steht hier das Geschäftshaus Möbel Busch) widmete. Sie sollte sich um den Straßenkarneval kümmern, achtete aber bei ihren Mitgliedern darauf, dass sie "auf der Heide, also westlich der Linie Düsseldorfer Straße/Hochstraße/An St. Sebastian/Sassenfelder Straße wohnten". Das "Heideröslein" nahm es mit dem Wohnsitz seiner Mitglieder nicht so genau, sonst hätte es auch nicht seine Glanzzeit nach dem Zweiten Weltkrieg im Saal des Hotels Dammer erlebt.

"Kenger, dat wörrt noajeholt" hieß der Radaumarsch, mit dem das "Heideröslein" 1948, drei Jahre nach Kriegsende, wieder karnevalistisch an die Öffentlichkeit trat. Der Texter Hein Nicus hatte zudem mit dem Musikvereins-Dirigenten Martin Heghmann die Ausstattungsrevue "Samt und Seide" geschrieben, von der das Lied in der Heimat im "Samt- und Seidenland" bis heute zum Standardrepertoire der "Bunten Abende" gehört. Nicus, später Bürgermeister in Lobberich, war in den Folgejahren immer wieder Autor der "Heideröslein"-Karnevalssitzungen.

Doch nach der Session 1952 war Schluss beim "Heideröslein". Und die "Fidele Heide" kam nicht mehr richtig in Schwung: ein Karnevalszug und Maskenbälle im Strandrestaurant Ludwigs - das war's dann. Nun wurde Ende der 1950er-Jahre die Idee geboren, ein Karnevalskomitee mit Hilfe aller Vereine auf die Beine zu stellen: Hubert Eckstein, Präsident von "Ronk öm dä Waatertu-ere", Leo Bontenackels, letzter "Heideröslein"-Präsident, und Franz Seeger, der Konditor, wurden vom neuen Gemeindedirektor Hans-Willi Güßgen bei ihren Bemühungen unterstützt. Es gab wieder Bunte Bühnenabende und, wenn auch mit Abständen, Tulpensonntagszüge. Lobberich wurde so zum Vorbild nach der Nettetal-Geburt 1970: Der Zug zieht jetzt reihum in Kaldenkirchen, Schaag/Breyell und Lobberich. Neben dem Karnevalskomitee erlebte die "Fidele Heide" einen Aufschwung mit der Tanzgarde "Blau-Weiß". Das sind meist schwergewichtige Männer, und mittlerweile auch die Tanzmariechen "Blau-Weiß". Die Farben waren ursprünglich anders: "Wir haben von Gelb nach Blau gewechselt", erinnert sich Voormanns. Die Gesellschaft organisiert heute Karnevalsbälle und ist immer mit mehreren Wagen bei den Karnevalszügen vertreten. Sie stellt auch das Prinzenpaar, wenn Lobberich an der Reihe ist. Im nächsten Jahr will Manfred Mertens wieder das Zepter schwingen. Er ist bereits 1984 schon einmal aufgezogen.

"Wir sind Kinder von der Heide", klang es aus dem Radiolautsprecher - und fast alle stimmten ein. Die "Fidele Heide" hat vor einiger Zeit eine CD mit alten Liedern produziert, in denen "dat Blömke von de Hei" so gefeiert wird wie "Mein Herz schlägt für Lobberich". Der singende Schornsteinfegermeister Marcel Simons hat sie mit Hans van Brüssel, Josef Simonett, Stefan Adrians, Manfred Keggen und Robert Hellmann aufgenommen. Nun stimmten in der Stammtischrunde alle singend und schunkelnd mit ein.

Für Walter Brandt, den Vize-Stammtischrundenleiter in Lobberich, war das der springende Punkt: "Wir müssen uns dringend um noch lebende Zeitzeugen der anderen Vereine kümmern, um ihr Wirken für die Nachwelt zu erhalten." Namen und Vereine wurden gleich genannt. Man wird sich um weitere Gesprächspartner bemühen.

(RP)
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