Stadt Kempen Linke will gemeinsames Lernen für alle

Stadt Kempen · Seit der Kommunalwahl im vergangenen Jahr ist Die Linke als sechste Fraktion im Kempener Stadtrat vertreten. Die zwei Stadtverordneten haben eine SPD-Vergangenheit. Ihre Ziele liegen zwischen moderat und radikal.

 In der Bildungspolitik fordern die Linken "eine Schule für alle". Die Kita-Elternbeiträge sollten abgeschafft werden. Bei beiden Punkten müssen Bund und Land aber mitspielen und die Voraussetzungen dafür schaffen.

In der Bildungspolitik fordern die Linken "eine Schule für alle". Die Kita-Elternbeiträge sollten abgeschafft werden. Bei beiden Punkten müssen Bund und Land aber mitspielen und die Voraussetzungen dafür schaffen.

Foto: Matzerath

Früher war er der Linksaußen der SPD und in seiner ersten Wahlzeit im Kempener Stadtrat nicht immer mit dem politischen Kurs einverstanden, den die SPD-Fraktion damals noch unter Führung des heutigen Bundestagsabgeordneten Udo Schiefner einschlug. Nicht dass Günter Solecki ein radikaler Sozialist oder gar Kommunist wäre, der gelernte Tischlermeister aus St. Hubert-Escheln sieht sich damals wie heute als jemand, der in erster Linie das Wohl der so genannten kleinen Leute im Blick hat. Sein Vater saß einst für die SPD im Kreistag, als der noch in Kempen tagte. "Und der hat mir stets gesagt: Aus einer SPD tritt man nicht aus", berichtet Günter Solecki im Gespräch mit der Rheinischen Post. Dass er dann später doch den Sozialdemokraten parteipolitisch den Rücken gekehrt und auf die damals neue Linkspartei stieß, hat aus seiner Sicht damit zu tun, "dass die SPD mich verlassen hatte".

Solecki ist ein bodenständiger Mann, bei den Schützen in Voesch aktiv und viele Jahre als Hobbyfußballer am liebsten im Sturm eingesetzt. Im Kempener Ortsverein der Arbeiterwohlfahrt (Awo) hatte er bereits den Blick für die Sorgen und Nöte der "kleinen Leute" geschärft. Das sei in der politischen Arbeit für die Linkspartei hilfreich. Mit Heidemarie Karlivans, die früher ebenfalls bei der Awo aktiv war, bildet Günter Solecki nun die Linksfraktion im Kempener Stadtrat. Ist das kommunalpolitische Geschäft für die beiden Ratsvertreter nicht ganz so neu, ist es für etliche der sachkundigen Bürger der Fraktion sehr wohl. 14 Mitglieder hat der Kempener Ortsverein der Linken, zehn davon sind politisch aktiv, neun arbeiten in der Fraktion mit. Es herrsche großer Konsens in dem, was die Fraktionsarbeit betrifft.

Bislang war die Linke laut Solecki eher in einer abwartenden Rolle. "Wir hatten noch viel nachzuholen und aufzuarbeiten und haben uns bislang mit eigenen Anträgen erst einmal zurückgehalten", erklärt der Linken-Fraktionschef. Gleichwohl hat Solecki schon das eine oder andere Mal durch seine Wortbeiträge auf sich aufmerksam gemacht. Denkwürdig war da vor allem seine Haushaltsrede. Als er Bürgermeister Volker Rübo in seiner Rede persönlich angriff, entzog der ihm kurzerhand das Wort. Nachher wollte Solecki dann nicht weiterreden und stellte seine Rede komplett ins Internet. Mit Volker Rübo wird der St. Huberter wohl nicht mehr Freund, denn es gab zuvor schon ähnliche Situationen. Solecki sieht das pragmatisch: "In einer Demokratie muss man auch die Kritik Andersdenkender ertragen können."

Dass die Stadtverwaltung, an deren Spitze mit Rübo ein CDU-Mann steht, sehr CDU-lastig sei, sieht Solecki als Problem. "Es fehlt an wirklicher Bürgernähe, in diesem Punkt ist die Verwaltung stehen geblieben", meint Solecki. Das "Stehengeblieben" bezieht er dabei auf seine Ratstätigkeit vor 15 Jahren noch in den Reihen der SPD.

Grundsätzlich aber ist Solecki mit der Zusammenarbeit im Kempener Stadtrat zufrieden. "Wir fühlen uns gut aufgenommen", sagt er. Vor allem lobt er die Freien Wähler, mit denen die Linken sich die stimmberechtigten Sitze in den Fachausschüssen teilen.

Nach der Sommerpause wollen die Linken im Stadtrat offensiver werden und eigene Anträge stellen. So wollen sie sich für die Abschaffung der Nutzungsgebühren für Sportplätze und Turnhallen einsetzen. Auch die Kita-Elternbeiträge sollten abgeschafft werden. Bei der Bildungspolitik fordern sie "eine Schule für alle" oder gemeinsames Lernen von behinderten und nicht-behinderten Kindern. Wie das alles zu finanzieren ist? "Das geht selbstverständlich nur, wenn Land und Bund die entsprechenden Mittel und das Personal bereitstellen", sagt Solecki. Er ist froh, dass es in Kempen endlich eine Gesamtschule gibt. Aber er bleibt bei der Linken-Forderung, dass das dreigliedrige Schulsystem eigentlich abgeschafft werden müsste.

Deutliche Defizite sieht Solecki in der städtischen Denkmalpolitik. Beim Angebot an preiswerten Mietwohnungen dürfe es nicht bei politischen Absichtserklärungen bleiben. Beim Öffentlichen Personen-Nahverkehr müssten die Stadtteile und Außenbezirke besser angebunden werden. Da dies Geld kosten würde, sei ein solcher Wunsch wohl eher Zukunftsmusik, gibt Solecki zu.

(RP)
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