Serie Musiker Und Ihre Instrumente: Ute Gremmel-Geuchen Jede Orgel und jeder Raum klingen anders

Kempen · Ute Gremmel-Geuchen hat ihre Begeisterung für die Orgel seit Jugendtagen nie verloren. Die Kempenerin hat sich für die Rekonstruktion der barocken Orgel der Paterskirche mit eingesetzt. Heute ist sie als Konzertorganistin international gefragt.

 Organistin Ute Gremmel-Geuchen, Hier mit Orgelbauer Léon Verschueren, gab im Mai an der 25 Jahre alten Verschueren-Orgel in der Kempener Thomaskirche ein Konzert.

Organistin Ute Gremmel-Geuchen, Hier mit Orgelbauer Léon Verschueren, gab im Mai an der 25 Jahre alten Verschueren-Orgel in der Kempener Thomaskirche ein Konzert.

Foto: WOLFGANG KAISER

Kempen Im Unterschied zu fast allen anderen Instrumenten ist die Orgel ein Instrument, das der Musiker aufsuchen und mit anderen teilen darf. Die Orgel ist kein Instrument, das man beispielsweise wie ein Streichinstrument mit nach Hause nehmen kann. Das ist kein Nachteil. Für die Kempener Organistin Ute Gremmel-Geuchen besteht darin sogar der besondere Reiz des Instrumentes. Die jeweiligen Orgeln unterscheiden sich stilistisch deutlich voneinander und die klangliche Wirkung ist stets vom Raum abhängig.

Was ist damit gemeint? Ute Gremmel-Geuchen spielte gerade in Leuven an einer barocken Orgel, eine Woche später steht im Berliner Dom ein Konzert an der großen Sauer-Orgel an - 1905 mit 7269 Pfeifen und 113 Registern die größte Orgel im Deutschen Reich. Abgesehen davon, dass diese Orgel jede Menge Register hat, ist sie eine pneumatische Orgel. Und das erfordert eine ganz andere Spielweise, weil der Ton später anschlägt als bei einer mechanischen Orgel. Dass sich die Tastatur anders anfühlt, ist dabei schon nebensächlich. Darüber hinaus wird natürlich das Repertoire angepasst: In Leuven Bach und Krebs, in Berlin Liszt und Brahms.

Ihre "Heimat" ist aber die Paterskirche. Hier, so schwärmt sie, kann Orgelmusik des 17. und 18. Jahrhunderts in hervorragender Weise interpretiert werden. Glücklicherweise werden für die Orgelkonzerte die Teppiche im Chorraum entfernt, was den Nachhall um ca. 2 Sekunden verlängert und den Orgelklang optimiert. Dass zu den Kempener Orgelkonzerten nicht immer so viele Besucher kommen wie zu anderen Konzerten, erklärt sich Gremmel-Geuchen vielleicht mit der Distanz vieler Menschen zur Kirche, aber auch mit dem reichen Konzertangebot in Kempen und Umgebung. Als die Propsteikirche vor 30 Jahren mit Orgelkonzerten begann, gab es allein schon deswegen mehr Zuspruch, weil es noch kaum andere Konzerte gab.

Die Organistin will sich aber gar nicht beklagen. Die Qualität ist ihr wichtiger als die Quantität der Zuhörerschaft. Dass mit dem Rückgang der Kirchenbesucher auch das Interesse an der Orgel schwindet oder gar der Beruf des Organisten ausstirbt, sieht sie dagegen nicht. Die Stellenlage habe sich mittlerweile gebessert, die Aufgabe sei in Deutschland gut dotiert, ganz anders als in Frankreich oder den Niederlanden. Die Orgel werde auch in der Zukunft durchaus ihren Platz haben. Auf jeden Fall erlebt sie es immer wieder, dass die Besucher bei Konzerten und Orgelführungen sehr begeistert sind.

Die Stadt Kempen hat mehrere gute Orgeln zu bieten. Diese Orgellandschaft könnte man touristisch viel besser vermarkten, glaubt Gremmel-Geuchen. Vielleicht müsse man dabei etwas Neues versuchen. Ein Beispiel: Der Bamberger Dom habe abends 50 Besucher bei Konzerten registriert, am Samstag Mittag kämen 600. Denn mittags sind Touristen in der Stadt. Nun ist Kempen nicht Bamberg, aber im Zusammenhang mit den zahlreichen Stadtführungen in Kempen ließe sich sicherlich auch ein Schwerpunkt auf die König-Orgel legen. Darüber hinaus könnte man auch die sehr guten Instrumente der Propstei-, St. Josef - und Thomas-Kirche einbeziehen. Kempen als Orgelstadt!

Als Kind hat Ute Gremmel-Geuchen zuerst Klavier gespielt. Mit 13 Jahren entdeckte sie die Orgel. Die Verbindung zur Kirchengemeinde faszinierte sie. In ihrer Heimatgemeinde in Düsseldorf-Oberkassel war sie aktiv in der Jugendarbeit und hat im Chor gesungen. Ihr Vater war Presbyter der Gemeinde. Als sie mal die Gelegenheit bekam, die Orgel zu spielen, überwältigte sie das Raumerlebnis. Das fasziniert sie bis heute.

Eine wichtige Wegmarke war die Begegnung mit dem Düsseldorfer Organisten und Komponisten Oskar Gottlieb Blarr auf einem Kirchentag. Sie war von dieser Musikerpersönlichkeit fasziniert und erhielt von ihm dann in der Neanderkirche in der Düsseldorfer Altstadt Unterricht. Schnell wurde sie seine Assistentin und fuhr oft in die Altstadt, um dort zu üben. Parallel übernahm sie mit 14 Jahren eine C-Kirchenmusikerstelle in Büderich. Sie leitete dort den Kinderchor, spielte die Orgel und veranstaltete ganz begeistert Konzerte.

Wer Klavier kann, kommt relativ schnell mit der Orgel klar, um im Gottesdienst zu spielen. Sie selber hat sehr viel Zeit in ihr Studium investiert, hat eine Ausbildung zum C-Examen gemacht, von der Landeskirche organisiert. Dadurch reifte der Entschluss, das Orgelspiel zum Beruf zu machen. Nach dem Abitur studierte sie evangelische Kirchenmusik an der Musikhochschule Köln, Orgel bei Peter Neumann. Nach ihrem A-Kirchenmusikexamen setzte sie ihre Studien als Stipendiatin des DAAD am Sweelinck-Conservatorium in Amsterdam fort. Abschließend studierte sie an der Musikhochschule Stuttgart mit dem Konzertexamen in Orgel. Seit dem Jahr 2000 ist sie Organistin an der 1752 von Ludwig König erbauten barocken Orgel der Paterskirche, für deren Rekonstruktion sie sich gemeinsam mit dem Kempener Unternehmer Karl Nagels eingesetzt hatte. Sie ist künstlerische Leiterin der König-Orgelkonzerte und international als Konzertorganistin gefragt.

(RP)
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