Gemeinde Grefrath Jazzgitarrist Franz Haunschild bei Groß

Gemeinde Grefrath · Es ist dieser Dreiklang aus guten Gastgebern, die Karl Groß und seine Partnerin Regina Ringpfeil unbestritten sind, einem dankbaren Grefrather Publikum und dem ungewöhnlichen Schauplatz für Konzerte und Lesungen in einer kleinen Buchhandlung, die die Kleinkunst in der bewährten Reihe "Kultur am Montag" ganz groß werden lässt. Und so gelingt es auch immer wieder, renommierte Musiker in die außergewöhnliche Spielstätte zu locken. Jetzt gastierte hier der Jazzgitarrist Frank Haunschild, ein Deutsch-Amerikaner, der in Köln Professor für Jazzgitarre an der Staatlichen Hochschule für Musik ist und sich einen Namen mit seiner dreibändigen "Neuen Harmonielehre" und seinen ausgewählten CD-Einspielungen gemacht hat.

Er präsentierte vor wieder völlig ausverkauftem Haus seine eigenwilligen Interpretationen von Jazzmusik anhand eigener Kompositionen und ganz weniger Jazzstandards. Mit verschiedenen Gitarren entwickelte er ein gefühlvolles Spiel, wobei er musikalisch Geschichten erzählt. Zum Beispiel die von einem Glockenturm in der Toskana, der nur geläutet wird, wenn irgendwo auf der Welt eine Todesstrafe in eine Gefängnisstrafe umgewandelt wird. Also wohl eher selten oder fast gar nicht. Da klingt die Gitarre, die Haunschild wechselweise zupft, streichelt und klopft, wie die Glocken einer Kirche. Dann wieder nimmt der Musiker sein Publikum mit auf eine große Reise von "Rio nach New York" und wieder zurück, bringt ein fast schmalziges Liebeslied "Amore" zu Gehör oder beschreibt mit der Gitarre das "Nickerchen", den Mittagsschlaf, in seiner Komposition "Good Afternoon".

Variantenreich und mit kreativen Improvisationen gelingt es ihm auch, die Zuhörer mit einer Hommage an John Abercrombie zu unterhalten, mit dem er, wie auch mit Musikern wie Charlie Mariano, Keith Copeland oder Jiggs Whigham, schon zusammen spielte. "Abercrombies Waltz" hat er seine Komposition betitelt, die er dem Kollegen widmete. Frei improvisiert und, wie er betont, spontan bearbeitet: der Jazzstandard "All the things you are". Das fordert beim Hörer geduldiges Zuhören, ab und zu wünscht man sich allerdings etwas mehr Temperament auf der Bühne. Die eine oder andere Gesangseinlage sorgte bei so manchem Zuhörer sicherlich für Irritationen. Alles in allem aber blitzt bei Haunschild immer wieder sein großes Können durch, besticht er durch besondere Kreativität. In seine Improvisationen schleicht sich dann auch mal die Nationalhymne und mal die "Stille Nacht, heilige Nacht" ein. Schmunzeln im Publikum. Zur Umstellung auf die Sommerzeit erklang dann "Summertime" von George Gershwin in einer kapriziösen Interpretation.

Der Abend wurde aber erst so richtig rund durch die gute Idee, den Hausherrn Karl Groß aus dem frechen und geistreichen Repertoire des Robert Gernhardt ausgewählte Texte ("Zwischen Allmacht und Ohnmacht") einfühlsam und liebevoll vortragen zu lassen. Kleine Kostbarkeiten literarischer Art sind es, die das Publikum bestens unterhalten. Witzig, wie Gernhardt sich selbst und seine Mitmenschen karikiert und auf die Schippe nimmt. Musik und Literatur gingen an diesem Abend eine bemerkenswerte Symbiose ein.

(jka)
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