Kreis Viersen Hoher Aufwand für Prostituierten-Beratung

Kreis Viersen · Seit der Einführung nutzten 93 Frauen und Männer dieses Angebot des Kreis-Gesundheitsamtes.

 Amtsleiterin Martina Kruß stellte die Erfahrungen vor.

Amtsleiterin Martina Kruß stellte die Erfahrungen vor.

Foto: Alois Müller

In den ersten drei Monaten meldeten sich nur wenige Prostituierte im Gesundheitsamt des Kreises Viersens. "Ab Oktober ist die Nachfrage nach Beratungsterminen dann sprunghaft gestiegen", sagt Amtsleiterin Martina Kruß. Seit dem 1. Juli bietet die Behörde die Gesundheitsberatung für Prostituierte an. "Der zeitliche und organisatorische Aufwand sind wesentlich höher, als wir gedacht haben", sagt Kruß.

Wer als Prostituierte arbeitet oder plant, dies zu tun, muss zur Gesundheitsberatung - so sieht es zumindest das Prostituiertenschutzgesetz vor, das am 1. Juli in Kraft getreten ist. Im Mai hatte Kruß den Kreisausschuss für Gesundheit, Soziales und Seniorenarbeit darüber informiert, wie sich das Gesundheitsamt auf die Aufgabe vorbereitet. Damals rechnete sie damit, dass im Jahr rund 400 Prostituierte zur Erst- oder Folgeberatung kommen. Nun berichtete sie im Ausschuss, wie das Angebot bisher angenommen wurde.

Im vergangenen Jahr ließen sich 55 Frauen und zwei Männer beraten. Warum die meisten Terminanfragen erst ab Oktober kamen, kann sich Kruß nicht erklären. 2018 haben ihre Mitarbeiter bis zum 15. Februar 38 Beratungsgespräche geführt. 19 Klienten seien trotz Terminvereinbarung nicht erschienen, 111 weitere Termine für dieses Jahr seien bisher vereinbart worden.

Prostituierte, die jünger als 21 Jahre sind, sollen mindestens alle sechs Monate zur Beratung - ältere mindestens alle zwölf Monate. Danach bekommen sie eine Bescheinigung, die sie bei der Arbeit mitführen müssen. Einige Themen, die besprochen werden, seien vom Gesetz vorgegeben, erläuterte Kruß: Krankheitsverhütung, Empfängnisregelung, Schwangerschaft, Risiken des Alkohol- und Drogenmissbrauchs. Die Gespräche würden vertraulich geführt, es sei höchstens bei Bedarf ein Dolmetscher dabei oder werde mittels Videodolmetschen eingebunden. Unter anderem für Bulgarisch, Chinesisch, Polnisch, Thailändisch und Türkisch wurden bisher Sprachmittler gebraucht.

"In der Vorbereitung gab es für uns viele Unbekannte", sagte Kruß. Das Gesundheitsamt stockte die Teilzeitstelle einer Sozialarbeiterin der Aids-Beratung um 14 Wochenstunden auf Vollzeit auf. Diese 14 Stunden, verteilt auf drei Sozialarbeiterinnen, sind für die Gesundheitsberatung der Prostituierten vorgesehen. Es sei eigens ein Beratungsraum eingerichtet worden.

Nur neun der 57 Beratungen im vergangenen Jahr dauerten weniger als 30 Minuten, 13 länger als eine Stunde. Vor allem das Dolmetschen koste Zeit, sagte Kruß. Termine seien schwer planbar, weil in einem Drittel der Fälle die Prostituierten gar nicht oder zu spät erschienen. Hinzu kämen die vielen Telefonate mit dem Dolmetscherdienst und andere koordinatorische Aufgaben. "Die Planung ist eine Herausforderung", sagte Kruß. "Wir hoffen und denken, dass sich die Situation Mitte des Jahres normalisiert hat."

(RP)
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