Stadt Kempen Hilfe für Kinder in akuten Krisen

Stadt Kempen · Aus der ehemaligen Drogenfachklinik im Außenbereich von St. Hubert ist eine Einrichtung für Jugendliche geworden. Gestern wurde sie offiziell eröffnet. In dem großen Gebäude sind drei Gruppen untergebracht.

 Dieses Team leitet die Jugendeinrichtung Scheifeshütte, die gestern offiziell eröffnet wurde. Hier werden Kinder untergebracht, die in Krisensituationen stecken.

Dieses Team leitet die Jugendeinrichtung Scheifeshütte, die gestern offiziell eröffnet wurde. Hier werden Kinder untergebracht, die in Krisensituationen stecken.

Foto: wolfgang kaiser

Der jüngste Bewohner war bei seinem Einzug gerade einmal fünf Tage auf der Welt, die "älteste" Bewohnerin zählt 17 Lenze. Die Wohnanlage an der Scheifeshütte in St. Hubert hat sich mit neuem Leben gefüllt. Bis Ende 2016 war in dem ehemaligen Bauernhof im ländlichen Außenbereich von St. Hubert eine Drogenfachklinik für Frauen untergebracht, idyllisch gelegen zwischen Bauernhöfen, Obstwiesen und Pferdekoppeln. Dann wurde zehn Monate lang renoviert und angestrichen, Fußböden wurden erneuert, der Brandschutz auf den neuesten Stand gebracht, eben alles auf den Einzug der neuen Bewohner vorbereitet.

Jetzt ist hier eine Jugendhilfeeinrichtung mit 18 Plätzen für Kinder und Jugendliche von 0 bis 18 Jahren untergebracht. Gestern wurde die Einrichtung mit vielen Gästen und Freunden offiziell eröffnet. Träger der Einrichtung ist wie zuvor das Diakoniewerk Duisburg. Es hat sich zu diesem Schritt entschlossen, weil die alte, relativ kleine Einrichtung vom Kostenträger nicht mehr gewünscht gewesen sei, erzählt Diplom-Psychologin Martina Pietras (56). Sie arbeitete 18 Jahre lang in der Drogenfachklinik, hat nun die Leitung der neuen Jugendhilfeeinrichtung übernommen. "Ansonsten sind alle anderen 17 Mitarbeiter aber ganz neu", erzählt sie. Die Besonderheit der Einrichtung ist das individuelle Konzept für jede Altersgruppe. Es gibt drei Gruppen, die vollkommen autark in dem großen Gebäude untergebracht sind. Sie alle haben separate Eingänge, die vorhandenen Zwischentüren sind abgeschlossen.

Denn die Bedürfnisse der verschiedenen Altersgruppen sind sehr unterschiedlich. Voll belegt ist derzeit die "Gruppe für junge Kinder" von 0 bis 6 Jahren. Sechs Babys mit ihren Mamas wohnen derzeit hier. Im Hausflur ist ein Kinderwagen neben dem anderen geparkt. In der Küche wird gleich das Mittagessen für die Gruppe gekocht werden. "Hier ist die Zusammenarbeit mit den Eltern besonders eng", erzählt Martina Pietras. Die Kinder wurden durch das jeweilige Jugendamt aus akuten Krisensituationen herausgenommen. Es muss nun geklärt werden, welche Perspektiven es für die kleinen Familien gibt, ob die Eltern in der Lage sein werden, ihr Kind eigenständig zu betreuen oder ob andere Wege gefunden werden müssen. Dabei gilt es auch, die Eltern an einen strukturierten Alltag heranzuführen. Oftmals müssen sie mit den Grundanforderungen in Haushalt und Kinderpflege erst vertraut gemacht werden.

Die Aufenthaltsdauer ist begrenzt, sollte sechs Monate nicht überschreiten. Im mittleren Teil des Gebäudes hinter der großen, alten Doppelflügeltür befindet sich die "Regelwohngruppe" mit sechs Plätzen für Kinder von sechs bis 14 Jahren. Der Charakter ist ähnlich wie in einem Kinderheim, auf Dauer und Stabilität angelegt. Die Kinder besuchen Grund- und weiterführende Schulen in der Umgebung, haben Einzelzimmer und nutzen die gemütlichen großen Gemeinschaftsräume mit Blick auf den begrünten Innenhof.

Die ländliche Lage sieht Martina Pietras dabei nicht als Nachteil an: "Hier können die Kinder sich konzentrieren, es ist halt kein Power-Shoppen angesagt." Das gilt wohl auch für die ältesten Bewohner. Bis zu drei Jugendlichen ab 16 Jahren bewohnen die Trainingswohngemeinschaft im Anbau des Gebäudes. Sie können aus den unterschiedlichsten Gründen nicht mehr mit ihren Familien zusammenleben. Sei es, weil sie dort Gewalterfahrungen machten oder weil es Beziehungsabbrüche nach Trennung oder Scheidung der Eltern gab. In einer Wohngemeinschaft bereiten sie sich hier auf ein eigenständiges Leben vor.

Die Bewohner der neuen Jugendhilfeeinrichtung kommen aus der gesamten Umgebung, aus Kempen, Krefeld, Duisburg, Viersen und Mönchengladbach, erzählt Martina Pietras.

(evs)
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