Kreis Viersen "Häusliche Gewalt wird es immer geben"

Kreis Viersen · Mit Kerzen erinnern die Städte und Gemeinden im Kreis Viersen ab heute an die Opfer von häuslicher Gewalt. Bei der Polizei gingen fast 300 Strafanzeigen im vergangenen Jahr ein.

 Unter dem Titel "Eine Licht für jede Frau" finden auch im Kreis Viersen verschiedene Aktionen zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen statt. Den Abschluss bildet am Montag eine Veranstaltung auf dem Grefrather Marktplatz.

Unter dem Titel "Eine Licht für jede Frau" finden auch im Kreis Viersen verschiedene Aktionen zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen statt. Den Abschluss bildet am Montag eine Veranstaltung auf dem Grefrather Marktplatz.

Foto: Kreis Viersen

Am Anfang ist es Liebe. Die eine oder andere schlechte Gewohnheit entschuldigen Frauen da schnell. Mal eine Beleidigung, mal eine Demütigung, Nörgeln über die Familie und den Freundeskreis, dann der Wunsch, die Frau möge nicht arbeiten gehen und zu Hause bleiben, den Kontakt zu Freunden einstellen. Wenn die Frauen erst isoliert sind, geht es oft mit psychischer und körperlicher Gewalt weiter: Drohungen, Ohrfeigen, Schubsen und Fußtritte. "Häusliche Gewalt läuft meist nach einem Schema ab", sagt Britta Färvers, zuständig für Kriminalprävention und Opferschutz bei der Kreispolizei Viersen.

In 27 Fällen in NRW eskalierte die Gewalt: Es kam zu Tötungsdelikten. Im Gedenken an diese von ihren Partnern getöteten Frauen zünden die Städte und Gemeinden im Kreis Viersen in dieser Woche an öffentlichen Orten Lichter an. Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am Samstag, 25. November, will der Runde Tisch gegen häusliche Gewalt auf das Thema aufmerksam machen. "Wir erinnern daran, welche Auswirkungen Gewalthaben kann. Aber wir wollen Frauen auch Mut machen, sich Hilfe zu suchen", sagt Karin Gottschlich vom Frauenzentrum Viersen. Bei aller Aufklärung gebe es noch zu viele Frauen, die ihre problematische Beziehung nicht als das einsortierten, was sie eigentlich sei: häusliche Gewalt.

292 Strafanzeigen gingen 2016 bei der Kreispolizei ein. Die Polizei sprach 156 Wohnungsverweise und Rückkehrverbote aus. In 159 Fällen wurden die Opfer an Beratungsstellen weiter vermittelt. Die Zahl der Strafanzeigen schwankte in den vergangenen zehn Jahren: 2009 gab es "nur" 182 Strafanzeigen im Kreis Viersen und 22.565 in NRW; 2015 waren es 338 im Kreis Viersen und 26.464 in NRW.

"Wir haben für die Schwankungen keine Erklärung. Es gab immer häusliche Gewalt, es gibt sie und wird sie immer geben", sagt Angelika Hartmann, derzeitige Opferschutzbeauftragte der Polizei. Die Zahl der Strafanzeigen sei nur die Spitze des Eisbergs, sagt Färvers von der Kriminalprävention. In etwa 80 Prozent der Fälle seien die Frauen Opfer der Gewalt. In seltenen Fällen ist es umgekehrt.

Im Zentrum der Gewaltspirale stehe immer das Bedürfnis nach Macht und Kontrolle. Wenn also ein Mann von seiner Frau verlange, dass sie ihm ihre EC-Karte gebe oder er ihr Smartphone kontrolliere, seien das Alarmsignale.

Wenn jetzt die Lichter für die getöteten Frauen leuchten, gedenkt man auch einer 45-jährigen Niederkrüchtenerin und ihrem Sohn (17). Anfang Dezember 2016 erschoss der ehemalige Lebensgefährte, ein 43-jähriger Sportschütze, die Beiden in der Wohnung. "Es war eine Beziehungstat, möglicherweise aus Eifersucht", sagt die Opferschutzbeauftragte Hartmann, die ehrenamtlich für die Opferhilfe "Weißer Ring" arbeitet. Häusliche Gewalt sei im Vorfeld nicht bekannt gewesen, wohl aber hatten Nachbarn das Paar lautstark streiten hören. Immer wieder kommt es auch im Kreis Viersen vor, dass Frauen getötet werden: 2014 erstach ein Ehemann seine 41-jährige Frau vor einer Grundschule in St. Tönis. 2013 tötete ein 46-jähriger Viersener seine Frau (38). 2008 attackierte ein 36-jähriger Willicher auf einem Parkplatz seine Ehefrau mit einem Klappmesser.

Rat und Hilfe: Weißer Ring, Außenstelle Viersen, Marianne Fuhrmann, Telefon 0151 55 16 47 92, E-Mail wr-viersen@web.de; Frauenzentrum Viersen, Gladbacher Straße 25, Telefon 02162 18716, E-Mail Frauenzentrum-Viersen@ t-online.de; Frauenhaus, Telefon 02162 81 43 42; Katholische Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche in Viersen, Hildegardisweg 3, Telefon 02162 15081, E-Mail EB-Viersen@mercur.caritas-ac.de

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort