Stadt Kempen Grüne: Unsere Politik ist angekommen

Stadt Kempen · Die Kempener Grünen sind seit der Kommunalwahl klar die drittstärkste Kraft im Stadtrat. Mit sechs Mandaten sind sie vertreten. Sie fahren eine politische Linie, die sie als "kreativen Ungehorsam" bezeichnen.

 Das Vorgehen der Stadt in Sachen Neugestaltung der Judenstraße haben die Kempener Grünen zuletzt abgelehnt. Sie forderten vehement, zunächst die Bürger an dem Vorhaben zu beteiligen, konnten sich - trotz Unterstützung von SPD und Linkspartei - damit aber nicht durchsetzen. Die Grünen sind generell für mehr Bürgerbeteiligung.

Das Vorgehen der Stadt in Sachen Neugestaltung der Judenstraße haben die Kempener Grünen zuletzt abgelehnt. Sie forderten vehement, zunächst die Bürger an dem Vorhaben zu beteiligen, konnten sich - trotz Unterstützung von SPD und Linkspartei - damit aber nicht durchsetzen. Die Grünen sind generell für mehr Bürgerbeteiligung.

Foto: Stadt

Die Kritik des CDU-Fraktionsvorsitzenden Wilfried Bogedain am vermeintlich neuen Politikstil im Kempener Stadtrat seit der Kommunalwahl im Mai vergangenen Jahres können sie nicht nachvollziehen. "Wenn wir anderer Meinung sind als die Mehrheitsfraktion und das auch kundtun, dann ist das doch ein völlig normaler Vorgang", sagt Joachim Straeten, der Sprecher der auf sechs Mitglieder an gewachsenen Ratsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen. Das Wahlergebnis hat der Öko-Partei sichtlich gut getan. Ihre Ratsvertreter, aber auch etliche der sachkundigen Bürger in den Fachausschüssen werden nicht müde, ihre Forderungen - und seien sie auch schon altbekannt - immer wieder zu artikulieren.

Dass die Grünen ihren eigen Kopf haben, sehen sie als besonders notwendig an. "Wir sind nicht gewählt worden, damit wir das Handeln der Verwaltung einfach abnicken", betont Straeten im Gespräch mit der Rheinischen Post. Der Stil der grünen Politik in Kempen sei eher geprägt von einem gewissen "kreativen Ungehorsam". Dass grüne Forderungen fundiert und realistisch sind, zeigt sich oft erst nach Jahren, wie das Beispiel der Gesamtschule zeigt. Diese für Kempen neue Schulform haben die Grünen gemeinsam mit der SPD über Jahre immer wieder ins Gespräch gebracht, bis sie dann im vergangenen Jahr endlich Realität wurde.

Wie in diesem konkreten Fall müssen die Grünen eben häufiger "dicke Bretter bohren", um am Ende einen Durchbruch zu erzielen. So war es auch bei der sozialen Staffelung der Elternbeiträge für die Kinderbetreuung. Auch bezahlbaren Wohnraum haben sie immer wieder gefordert. Es sei gut, dass nun alle politischen Kräfte in Kempen da mitziehen. "Was hier noch fehlt, ist, dass wir auch Wohnungen für junge Single-Haushalte im Blick haben", sagt Straeten. Im Übrigen könne und müsse die Stadt deutlich mehr Einfluss auf die Gestaltung der Mietpreise nehmen. Wenn zum Jahresende etliche Sozialwohnungen in der Wartsberg-Siedlung in Tönisberg aus der Sozialbindung fallen, dürfe die Stadt die betroffenen Mieter nicht im Regen stehen lassen, meint Dr. Michael Rumphorst. In diesem Zusammenhang sei auch zu überlegen, ob Kempen nicht eine eigene städtische Wohnungsgesellschaft gründen sollte, so der Grünen-Politiker.

Kurios ist aus Sicht der Grünen, dass nicht selten eigene Ideen als Anträge im Stadtrat oder einem Fachausschuss abgelehnt würden, um später als CDU-Forderung plötzlich wieder aufzutauchen. Jüngstes Beispiel: Die Grünen hatten als erste einen Fußgängerüberweg am neuen Netto-Markt in Tönisberg gefordert. Der wurde als nicht umsetzbar von der Verwaltung abgelehnt. Als die CDU das Thema dann wieder auf die Tagesordnung brachte, wurde zumindest ausführlicher geprüft und mit Experten diskutiert. Was die Grünen aber der CDU viel mehr verübeln, dass die Christdemokraten nach der Kommunalwahl nicht bereit waren, den Grünen als der nun drittstärksten Kraft im Rat den Posten eines dritten stellvertretenden Bürgermeisters anzubieten. "Das wäre zumindest ein Gebot der Fairness gewesen", meinen die beiden Parteisprecher Monika Schütz-Madré und Michael Rumphorst.

Ihr Ratskollege Martin Beyel fordert mehr Einsatz der Stadt beim Klimaschutz ein. Ein Teilkonzept für die städtischen Liegenschaften und ein weiteres für die Wartsbergsiedlung seien zwar schön und gut, entsprächen aber nicht der grünen Forderung nach einem gesamtstädtischen Konzept. Die Klimaschutzziele müssten eindeutig definiert und die Bürger und Unternehmen - selbstverständlich auch die Stadtwerke - in einem solchen Prozess dann intensiv beratend begleitet werden. Andere Kommunen in Nordrhein-Westfalen hätten bereits gute Erfahrungen mit solchen kommunalen Klimaschutzkonzepten gemacht. "Aber in Kempen ist das Interesse daran leider viel zu gering", bedauern Beyel und Rumphorst.

Bedauert wird auch, dass eine städtische Wirtschaftsförderung fast nicht stattfindet. Es reiche nicht, nur Gewerbegrundstücke zu verkaufen. Ein Wirtschaftsförderer müsse aktuelle Entwicklungen und Trends im Blick halten. Kempen habe mit dem Technologie-Zentrum Niederrhein (TZN) eine Einrichtung, in der Beachtliches geleistet werde. Leider sei die Anbindung der Kreiseinrichtung an die Stadtverwaltung kaum vorhanden. "Ein städtischer Wirtschaftsförderer müsste dort sein Büro haben, um Kontakte zu den vielen Kreativen, die dort arbeiten, auf- und ausbauen zu können", meint Beyel.

Die Grünen sprechen sich seit Jahren für eine direktere Beteiligung von Bürgern an den Entscheidungsprozessen der politischen Gremien aus. "Wir müssen die Bürger viel mehr - vor allem frühzeitiger - mit ins Boot nehmen. Ein großer Teil der Politikverdrossenheit rührt doch daher, dass sich viele Bürger auch in Kempen nicht einbezogen fühlen", sagt Rumphorst. Dass sich zwei Bürgerinitiativen für den Denkmalschutz stark machen, sei eine Folge einer bürgerfernen Politik in Kempen. "Wir sollten das Wissen von Bürgern stärker nutzen", so Rumphorst. "Wir fordern aber auch von der Stadtverwaltung mehr Transparenz und Ehrlichkeit", unterstreicht Monika Schütz-Madré.

Beim Thema Flüchtlinge sei Kempen auf einem guten Weg. Es werde ein Netzwerk aufgebaut, in das die vielen Ehrenamtlichen, die sich engagieren wollen, eingebunden werden können. "Gleichwohl müssen wir versuchen, die Ausländer schneller in Arbeit zu bringen", sagt Jeyaratnam Caniceus, der selbst einst als Flüchtling an den Niederrhein kam. Viele der Flüchtlinge seien gut ausgebildet und statt sie wieder in die Großstädte in der Region ziehen zu lassen, sollte Kempen ihnen alle Möglichkeiten eröffnen, hier beruflich und privat heimisch zu werden, meinen die Grünen.

(RP)
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