Stadt Kempen Gedenken im Zeichen aktueller Kriegsereignisse

Stadt Kempen · Der Historiker Karl H. Klein-Rusteberg hielt die Ansprache zur Pogromnacht am Mahnmal an der Umstraße.

 Mehr als 100 Kempener hörten am Montagabend die Rede von Karl H. Klein-Rusteberg zur Pogromnacht am Mahnmal an der Umstraße.

Mehr als 100 Kempener hörten am Montagabend die Rede von Karl H. Klein-Rusteberg zur Pogromnacht am Mahnmal an der Umstraße.

Foto: Kaiser

Deutlich mehr Besucher als in den vergangenen Jahren waren am Montagabend zum Gedenken an die Reichspogromnacht am früheren Standort der Kempener Synagoge in der Umstraße gekommen. Schätzungsweise mehr als 100 Besucher versammelten sich dort. Seit einigen Jahren lädt der Kempener Geschichts- und Museumsverein zu diesem stillen Gedenken ein. Die Vorsitzende Ute Lueb freute sich über die rege Teilnahme.

Gastredner war in diesem Jahr Karl H. Klein-Rusteberg. Er ist Geschäftsführer der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, außerdem sowohl Mitarbeiter bei der Kulturstätte "Alte Synagoge" in Essen und auch einer der Mitgestalter der ständigen jüdischen Ausstellung in Berlin. Er hatte sich ein sperrig klingendes Thema gewählt: "Die Bilder vom 9. November 1938 und was wir daraus gegenwärtig machen". Klein-Rusteberg fragte zunächst, was wir denn auf den Bildern von 1938 sehen - Opfer und Täter. Er lenkte den Blick auf die Zuschauer. Was diese denn gesehen hätten? Waren sie fasziniert von den Bränden oder verabscheuten sie was sie sahen? Waren sie nicht viel eher "Weg-Schauer" als Zuschauer? Die Bilder vom 9. November 1938, so der Historiker, seien aus heutiger Sicht unwillkürlich mit dem Gedanken an den Holocaust verbunden. Er nannte es die "Katastrophe vor der Katastrophe".

Dann zog er den Bogen zur aktuellen Situation. "Wir wollten und sollten keine Zuschauer oder Wegseher mehr sein", forderte er auf. Aber er fragte auch, ob man das könne - gerade in den Zeiten der Bilderfluten, die uns täglich erreichten. Das mache das Urteil, über das, was man da sehe, schwer. Könne man denn den Krieg in Syrien noch beschreiben, fragte Klein-Rusteberg. Sprenge dieser nicht die Möglichkeiten des Verstehens? Es gebe viele Fragen ohne Antworten. Und man neige gerade aufgrund der vielen Bilder dazu, eben wegzusehen. Er gab auch zu bedenken, dass der Krieg in Syrien, die Unruhe im arabischen Raum, wieder einmal das jüdische Volk in Israel bedrohe. Man müsse sich überlegen, wie man zu Israel stehe und da stünde Deutschland in der Verantwortung. Man sollte zeigen, dass man aus der Geschichte gelernt habe.

Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung wieder von Dr. Herbert Holtemeyer. Viele Besucher nutzten die Gelegenheit, am Denkmal für die Synagoge eine Kerze abzustellen und einen Augenblick innezuhalten.

Die jüdische Synagoge von Kempen wurde 1848/49 an der Ecke Umstraße/ Donkwall erbaut. In den frühen Morgenstunden des 10. Novembers 1938 wurde sie zerstört, 1961 die Ruine endgültig abgetragen. Das Denkmal zur Erinnerung wurde im Jahre 1982 errichtet.

(RP)
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