Kempen Feuerwehr macht Platz für seltene Tiere

Kempen · Auf dem ehemaligen Briten-Gelände in Elmpt üben Wehrleute derzeit den Umgang mit der Kettensäge. Die Aktion hilft der Natur.

 Einer der insgesamt 50 Wehrleute, die in den vergangenen beiden Monaten Kiefern gefällt haben. In der Heidelandschaft brüten seltene Vögel - die dichten Kiefernwälder verschmähen sie als Brutplatz.

Einer der insgesamt 50 Wehrleute, die in den vergangenen beiden Monaten Kiefern gefällt haben. In der Heidelandschaft brüten seltene Vögel - die dichten Kiefernwälder verschmähen sie als Brutplatz.

Foto: Birgitta Ronge

Schnurrend gleitet das Sägeblatt am Stamm entlang. Vorsichtig führt Tim Halbig die Kettensäge, während Bernd Heldens mit dicken Handschuhen die abgesägten Äste greift und weit von sich wirft. Halbig setzt an, schon wackelt die Kiefer. "Baum fällt!", ruft er - und dann stürzt die Kiefer in Sekunden zu Boden. Geschafft.

Halbig gehört zu neun Feuerwehrleuten verschiedener Wachen, die in dieser Woche auf dem ehemaligen Briten-Gelände in Elmpt den Umgang mit der Kettensäge lernen. Der 23-Jährige ist bei der Mönchengladbacher Berufsfeuerwehr. Als angehender Brandmeister muss er einen Kettensägen-Lehrgang absolvieren - wie die anderen auch. Die Männer kommen aus Mönchengladbach, Viersen, Kerpen und Meerbusch. Auch Krefelder und Aachener haben in Elmpt schon Bäume gefällt, rund 50 Wehrleute waren es allein im Januar und Februar. Damit ist jetzt erst mal Schluss: Mit dem Beginn der Brutzeit dürfen keine Bäume mehr gefällt werden.

Der Lehrgang soll die Wehrleute fit machen, um bei Sturm Bäume zu fällen - allerdings nicht überall: "Wir greifen nur ein, wenn der Baum eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt", sagt Bernd Heldens, Hauptbrandmeister der Berufsfeuerwehr Mönchengladbach, "nicht, wenn der Baum bei Müllers im Garten liegt."

Die Aktion auf dem weitläufigen Gelände in Elmpt nützt nicht nur den Wehrleuten, sondern auch der Natur: Nach dem Abzug der Briten hat sich hier eine Heidelandschaft entwickelt - für seltene und gefährdete Vögel wie Ziegenmelker, Schwarzkehlchen und Heidelerche ideales Brutgebiet. Die dichten Kiefernwälder hingegen, die hier und dort wachsen, werden von den Vögeln als Brutplatz verschmäht.

Entsprechend freut man sich beim Bundesforst Rhein-Weser, der das Gelände der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben betreut, dass die Wehrleute die Kiefern entfernen. Durch die Motorsägen-Kurse werden Offenland und gesetzlich geschützte Biotope gepflegt, indem der unerwünschte Kiefernaufwuchs aus der Heide entfernt wird, erklärt Martin Wingertszahn vom Bundesforstbetrieb: "Diese Maßnahme fördert weitere gefährdete Pflanzenarten und erhält den Lebens- und Brutraum für gefährdete Vogelarten." Somit könne in Elmpt "die praktische Feuerwehrarbeit trainiert und gleichzeitig aktiver Naturschutz betrieben werden - eine klassische Win-win-Situation", sagt Wingertszahn.

Vor dem Training an der Kettensäge achten die Ausbilder darauf, dass die angehenden Brandmeister die richtige Kleidung tragen. Dazu gehören neben Helm und Handschuhen auch Schnittschutzhosen, deren Gewebe die Wehrleute vor Verletzungen bewahren soll. Wer zur Säge greift, trägt auch Ohrenschützer - leise surren die Kettensägen nämlich nur aus der Distanz. Näher dran wird es kreischend laut. "Die Sicherheit steht an oberster Stelle", sagt Bernd Heldens. Der 49-Jährige achtet als Ausbilder der Kettensägen-Lehrlinge auf jede Bewegung. Heldens weiß: "Eine Kettensäge ist brandgefährlich."

So geht auch der 23-jährige Tim Halbig vorsichtig zu Werke. Am Anfang sei es ungewohnt gewesen, erzählt er über die ersten Schulungsstunden: "Aber wenn man jetzt an die Säge geht, fühlt man sich immer besser." Seine persönliche Bilanz nach zwei Tagen: sieben gefällte Bäume. Marcel Lettgen hingegen ist den Umgang mit der Kettensäge gewöhnt: Der 31-Jährige ist gelernter Garten- und Landschaftsbauer. Bei der Feuerwehr in Meerbusch ist er jetzt als Brandmeister-Anwärter tätig, auch er muss den Kettensägen-Lehrgang absolvieren. "Ich mache das gern", sagt Lettgen und schmunzelt. "Die Arbeit macht viel Spaß, und der Lehrgang mit den Ausbildern auch."

Die Schulung dauert fünf Tage. An den ersten drei Tagen lernen die Wehrleute probieren an unterschiedlich dicken Stämmen aus, wie sie das Sägeblatt ansetzen müssen, damit der Baum in die gewünschte Richtung fällt. Sie erfahren, wie man mit Hilfe einer Seilwinde den Stamm zieht oder so hält, dass er nicht zurückschnellt. Am vierten Tag folgt der Theorie-Teil, am fünften Tag ist dann wieder Praxis angesagt, wenn die Prüfung folgt. "Dann kommt es darauf an, ob sie es können oder nicht", sagt Heldens und fügt hinzu: "Aber die können!"

(RP)
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