Stadt Kempen Einmal Mittelalter zum Anfassen

Stadt Kempen · Eine Zeitreise erlebten Tausende von Besuchern auf Gut Heimendahl. 150 Ritter und Gefolgsleute hatten sich zum mittelalterlichen Ritterlager eingefunden.

 Der Markteinzug beginnt. Ritter, Herolde, Knappen, Edelfräulein, Handwerker, Knechte und Mägde formen sich zu einem langen Zug.

Der Markteinzug beginnt. Ritter, Herolde, Knappen, Edelfräulein, Handwerker, Knechte und Mägde formen sich zu einem langen Zug.

Foto: NORBERT PRÜMEN

Das nunmehr achte mittelalterliche Ritterlager hat auf Gut Heimendahl Einzug gehalten. 150 Ritter und ihre Gefolgsleute bevölkern die Wiesen, demonstrieren Schaukämpfe und lassen die Erde bei den Ritterspielen beben, wenn die Pferde angaloppiert kommen. Im Lager der Händler auf den vorderen Wiesen dreht sich indes zwischen den offenen Verkaufszelten das handbetriebene Kinderkarussell mit seinen an Seilen hängenden Holzsitzen.

Die rund ein Meter tiefe und knapp vier Quadratmeter große Grube, in der Ferdinand Ostermaier steht, wirkt wie ein Magnet auf die Besucher. Hinter der Seilabsperrung bleiben sie immer wieder in Gruppen stehen. "Ich befinde mich hier in der Glockengrube, die wir später von unten befeuern werden, um die Glockenform vorzuheizen", erklärt der Glockenbauer in der mittelalterlichen Gewandung und deutet auf das Rohr, das unter Steinen in der Erde verschwindet und nach einer rechtwinkeligen Krümmung wieder aus der Erde herausschaut.

Wie komplex das Glockengießen ist und wie viele Arbeitsschritte notwendig sind, erläutert er den interessiert zuhörenden Besuchern Stück für Stück. Was es mit der falschen Glocke aus Wachs auf sich hat, dass der Glockenkern aus einer Lehmmischung geformt wird, die Schmelze die Glockenspeise genannt wird - das Thema fasziniert. "Jetzt weiß ich, warum die Glocke von Schiller so lang ist", scherzt einer der Zuhörer. Aber nicht nur hier ist Handwerkskunst angesagt. Die großen Schafswiesen von Gut Heimendahl haben sich in zwei große Lager verwandelt, in denen die unterschiedlichsten Handwerke betrieben werden. In der Färberei dampften Flüssigkeiten in mächtigen Kesseln, aus Richtung der Schmiede ertönen gleichmäßige Schläge vom Amboss. Weidenkiepen werden geflochten, und Frauen zeigen das Nadelbinden. Männer legen Ritterrüstungen an, Frauen sitzen an Webrahmen, die Narrenglocken der Gaukler klingeln dazwischen. Zelt steht an Zelt, wobei vor jedem das Banner der jeweiligen Gruppe im leichten Wind hin und her schwankt.

"Man ziehe ihn an der Nase und er gibt Feuer", preist Ulrike Bitterlich-Nietsch ihren Feuerdrachen an, bei dem es sich um ein Feuerzeug handelt, dass dank Häkelkunst aussieht wie ein kleiner Drache. Ein skeptisches Gesicht macht Lina bei Sven von Kevelaer, der zu den Wächtern des Totenreichs gehört. Seine Zauberflaschen mit den verschiedenen Elixieren faszinieren sie. Doch so ganz will die Achtjährige nicht glauben, dass bei einem Schluck aus der gelben Flasche die Haare wachsen und der schwarze Inhalt den Trinker 18 Jahre alt werden lässt. Das mittelalterliche Leben im Ambiente der historischen Hofanlage mit dem großen Park begeistert, wobei es gerade die historischen Handwerke sind, die immer wieder zum Verweilen einladen. Lauter Trommelwirbel lässt die Besucher aufhorchen. Der Markteinzug beginnt. Ritter, Herolde, Knappen, Edelfräulein, Handwerker, Knechte und Mägde formen sich zu einem langen Zug und geben sich die Ehre, bevor sie sich wieder ihren Aufgaben im Lager zuwenden.

(tref)
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