Kempen Eine Politikerin zum Umarmen

Kempen · NRW-Staatssekretärin Serap Güler besuchte gestern den Deutschunterricht für Flüchtlingskinder in der Gemeinschaftsgrundschule Breyell. Die weitere Finanzierung ist durch eine Spende vorerst gesichert

 NRW-Staatssekretärin Serap Güler besuchte den Deutschunterricht für Flüchtlingskinder in der Gemeinschaftsgrundschule Breyell. Die weitere Finanzierung ist durch eine Spende vorerst gesichert.

NRW-Staatssekretärin Serap Güler besuchte den Deutschunterricht für Flüchtlingskinder in der Gemeinschaftsgrundschule Breyell. Die weitere Finanzierung ist durch eine Spende vorerst gesichert.

Foto: Jörg Knappe

Neben der Märchenprinzessin schweben Luftballons, eine Indianerin macht einem Astronauten Konkurrenz und mittendrin klebt ein buntes Bild mit lauter verkleideten Menschen - Karneval ist angesagt auch in der Gruppe der 18 Kinder, die an der Gemeinschaftsgrundschule in Breyell eine neue Sprache erlernen und gleichzeitig deren kulturelles Umfeld erkunden.

Obwohl einige erst vor wenigen Monaten in die Schule gekommen sind, können sie sich schon gut auf Deutsch verständigen, stellt Serap Güler fest. Die Staatssekretärin im NRW-Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration setzt sich zu den Kindern in den Stuhlhalbkreis und erfährt, dass einige aus Syrien kommen, andere aus Iran, Kurdistan und Afrika.

Karneval wollen alle feiern, manche sich auch verkleiden. "Ich als Prinzessin", ruft ein Mädchen. Die Jungen sind etwas zurückhaltender, haben aber ihre Fußballfavoriten: Bayern München, Real Madrid, Köln. Letzteres hört die Staatssekretärin mit türkischen Wurzeln besonders gern, lebt sie doch in der Domstadt. Als Güler fragt, wer denn Arabisch sprechen könne, gehen mehrere Arme in die Höhe. Doch ihren aus dem Arabischen stammenden Vornamen Serap können sie noch nicht übersetzen: Illusion oder auch Fata Morgana. n diesem Morgen ist sie aber keine flimmernde Wüstenerscheinung, sondern sehr real. Und so fallen ihr die Mädchen beim Abschied stürmisch um den Hals.

Die CDU-Politikerin war auf Bitte des Landtagsabgeordneten Marcus Optendrenk (CDU) nach Breyell gekommen, um sich über Erfolge und auch Schwierigkeiten bei der Vermittlung der deutschen Sprache zu informieren. Wie Schulleiterin Iris Dickmann erläuterte, haben die "Nullsprachler" die Schule vor große Probleme gestellt, weil sie auch auf eine solche Situation nicht vorbereitet war. Erst durch zusätzlichen Sprachunterricht am Nachmittag, dessen Organisation und Finanzierung der Hilfsverein Human Plus übernahm, wurden die Kinder so fit, dass sie auch dem Regelunterricht folgen können.

Human Plus-Vorsitzender Anestis Ioannidis, der als 13-Jähriger nach Deutschland kam, konnte berichten, wie schwer es ist, in einer neuen Umgebung Fuß zu fassen - ohne Sprachkenntnisse: "Drei Jahre lang musste ich bei einer pensionierten Lehrerin von Montag bis Samstag antanzen und lernen." Aber nur so kam er auch bei Freunden ins Haus und lernte Deutsche kennen: "Das hat mich bis heute geprägt." So ist ihm auch heute daran gelegen, Kinder zu fördern und so früh wie möglich zu integrieren. Problem nur: Human Plus ist für die Finanzierung auf Spenden angewiesen.

Die Staatssekretärin war sehr angetan von dem Projekt und zeigte sich "offen für gute Beispiele, von denen wir lernen können", zumal es nach der Ausnahmesituation 2015 und 2016 nun darauf ankomme, mit der Integration zu beginnen, nachdem zunächst die Versorgung im Vordergrund stand. "Da sind noch dicke Bretter zu bohren", meinte Nettetals Bürgermeister Christian Wagner. Es folge nun die "mühselige, kleinteilige Arbeit", denn "wir müssen nun die Tür für eine gelingende Integration öffnen."

Um die weitere Finanzierung müssen sich die Mitglieder von Human Plus vorerst keine Sorgen machen. Hat bisher der Hinsbecker Immobilien-Unternehmer Uwe Schmitz (Frankonia Eurobau AG) Human Plus unterstützt, so sagte nun der Rotary-Club Kempen-Krefeld durch seinen Foundation-Beauftragten Jürgen Schmitz (St. Tönis) eine Spende von 14.400 Euro zu. Der Club hat bereits die Sprachförderung von Flüchtlingskindern am Gymnasium Thomaeum Kempen unterstützt.

(RP)
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