Stadt Kempen Ein Plädoyer für mehr Demokratie

Stadt Kempen · Der Kempener Bildungswissenschaftler und langjährige VHS-Fachbereichsleiter Prof. Klaus-Peter Hufer hat drei neue Bücher vorgelegt. Das Bändchen "Politik wagen" hat das Interesse einer breiten Öffentlichkeit verdient.

 Der 67 Jahre alte Bildungswissenschaftler Prof. Dr. Klaus-Peter Hufer in seiner Kempener Wohnung: Er zeigt die drei aktuellen Werke, an denen er mitgeschrieben hat. Das Thema "Politik wagen" ist bei vielen Vorträgen gefragt.

Der 67 Jahre alte Bildungswissenschaftler Prof. Dr. Klaus-Peter Hufer in seiner Kempener Wohnung: Er zeigt die drei aktuellen Werke, an denen er mitgeschrieben hat. Das Thema "Politik wagen" ist bei vielen Vorträgen gefragt.

Foto: Kaiser

Nein, er ist kein 68er, auch sich viele ihn vielleicht so vorstellen. Erst im nächsten Jahr wird Prof. Klaus-Peter Hufer 68 Jahre alt. Er hat zwar 1968 in Darmstadt angefangen, Politik zu studieren, aber das Klischee der 68er ist ihm zu simpel. Adorno hat ihn auf jeden Fall geprägt. "Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung" - so klingt der erste Satz in Adornos Aufsatz "Erziehung nach Auschwitz". Das kritische Hinterfragen von Macht wurde dieser Studentengeneration beigebracht. Die Liberalisierung einer konservativen Gesellschaft und die vielfältigen Emanzipationsbewegungen sind in ihren Nachwirkungen bis heute zu spüren. Dazu steht auch Hufer.

Im hessischen Groß-Gerau geboren, lebt Hufer seit 1976 am Niederrhein. Im Nordrhein-Westfalen wurde das damals sehr fortschrittliche Weiterbildungsgesetz beschlossen, mit dem die Erwachsenenbildung kommunalisiert wurde. Eine Anzeige in der "Zeit" brachte ihn nach Kempen an die Volkshochschule des Kreises Viersen. 1978 begann er einen Philosophiekursus in Hinsbeck, der bis heute noch besteht. Damit ist er der Kursus der Kreisvolkshochschule (VHS), der am längsten ununterbrochen besteht.

Bis zu seiner Pensionierung war er an der VHS tätig. Er war für die politische Bildung zuständig und eckte dabei auch an. Wegen "Unbotmäßigkeit" kündigte ihm der damalige Oberkreisdirektor fristlos. Gleichzeitig war Hufer auch Mitglied im Personalrat der Kreisverwaltung. Seine Kündigung machte bundesweit Schlagzeilen, die "Jagdszenen am Niederrhein" kamen sogar in die "Tagesthemen" und damit in den Landtag. Die Kündigung hatte übrigens keinen Bestand, Hufer blieb bis zu seiner Pensionierung im Amt. Diese Querelen sind für ihn längst vorbei und erledigt. Das Klima in der Kreisverwaltung habe sich sehr positiv verändert, meint er.

Aber auch jetzt von Ruhestand nichts zu bemerken. Hufer ist weiter an der Universität Duisburg-Essen als Dozent tätig. Der Wissenschaftler ist auch darüber hinaus viel gefragt, er gibt Seminare zwischen Rostock, Österreich und der Schweiz. Und er schreibt - Aufsätze, Bücher. Jetzt hat er drei neue vorgelegt. Das Bändchen "Politik wagen!" hat er zusammen mit zwei Kollegen aus Bayern (Christian Boeser-Schnebel und Florian Wenzel) geschrieben. Es ist ein Argumentationstraining gegen Stammtisch-Parolen, gegen Klischees und Stereotypen. Hufer ist nicht nur von der Notwendigkeit von Politik überzeugt, was er allen Politikverdrossenen ins Stammbuch schreibt, sondern beobachtet auch, wie sich Politik durch die Globalisierung und die zunehmende Partizipationsbereitschaft der Zivilgesellschaft verändert hat. Aber nach wie vor gehe Politik alle an, es handele sich dabei nicht um externe Prozesse. Dabei müsse Demokratie immer wieder neu gelernt werden, um die wechselseitige Entfremdung zu überwinden, meint er. Hufer spricht sogar von einer "Renaissance" der Demokratie, wobei er nicht die Wahlerfolge der AfD meint, sondern das Engagement der Zivilgesellschaft. Durch die Ökonomisierung unserer Gesellschaft, aber auch durch die Trivialisierung seitens der Privatsender habe sich in vielen Bereichen eine "Ego-Rüpel-Gesellschaft" etabliert, der man etwas entgegen setzen müsse - das eigene Engagement.

Außer "Politik wagen" gibt es noch zwei andere neue Bücher, an denen Prof. Hufer mitgearbeitet hat: Zusammen mit Prof. Dr. Dirk Lange von der Universität Hannover hat er ein "Handbuch Politische Erwachsenenbildung" herausgegeben. Darin sind Beiträge von 36 renommierten Wissenschaftlern gesammelt, mit denen das gesamte Feld dieses Faches ausgeleuchtet und dargestellt wird. Der 368 Seiten starke Band ist im Wochenschau-Verlag erschienen.

Um politische Erwachsenenbildung geht es auch in einer von Hufer verfassten Monografie mit dem Titel "Politische Erwachsenenbildung. Ein Plädoyer für eine vernachlässigte Disziplin". Der 138 Seiten umfassende, im Bertelsmann-Verlag erschienene Band zeigt, was in diesem Bereich der Erwachsenenbildung passiert, an dessen Veranstaltungen jährlich etwa 2,85 Millionen Menschen bundesweit teilnehmen.

(RP)
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