Kreis Viersen Donum Vitae löst den Hebammen-Engpass

Kreis Viersen · Im Kreis Viersen suchen immer mehr Frauen verzweifelt nach einer Hebamme, die sie während der Schwangerschaft oder nach der Geburt begleitet. Doch die Hebammen sind auf Monate ausgebucht.

 Hebamme Berit Decker bietet bei Donum Vitae eine Sprechstunde, Birgit Kruse (r.) weiß, dass immer weniger Frauen im Kreis eine Hebamme finden.

Hebamme Berit Decker bietet bei Donum Vitae eine Sprechstunde, Birgit Kruse (r.) weiß, dass immer weniger Frauen im Kreis eine Hebamme finden.

Foto: Busch

Ständig klingelt bei der freiberuflichen Hebamme Berit Decker (48) das Telefon. Am anderen Ende sind Schwangere oder Mütter mit Säuglingen, die ihre Hilfe brauchen. Doch Decker muss sie abweisen: "Ich bin ausgebucht. Wer im April oder Mai einen Geburtstermin hat, wird im Kreis Viersen kaum noch eine Hebamme finden."- "Wir müssen jeden Tag Frauen abweisen", sagt auch Hebamme Mona Stahl vom Geburtshaus Fidelis. Ihr Rat: "Sobald die Schwangerschaft festgestellt wurde, sollte man eine He-bamme suchen."

"Der Kreis Viersen ist kein Einzelfall, es ist ein echtes Drama", sagt Barbara Blomeier, Vorsitzendes des NRW-Verbands der Hebammen. Ob im Kreis Höxter oder in der Stadt Düsseldorf - überall würden Hebammen fehlen. Der Mangel sei nicht allein durch die steigende Geburtenrate zu erklären. Vielmehr liege es an der schwierigen beruflichen Situation. "Durch die gestiegenen Haftpflichtbeiträge überlegen sich viele freiberufliche Hebammen genau, welche Leistungen sie überhaupt noch anbieten und wofür sie eine Haftpflichtversicherung abschließen", schildert die Landesvorsitzende. Um rentabel arbeiten zu können, hätten viele die Hebammentätigkeit auf einen nicht-sozialversicherungspflichtigen Anteil reduziert und sich ein zweites berufliches Standbein geschaffen. Bei Hebammen in Krankenhäusern ist Blomeier zufolge die Belastung derart hoch, dass für weitere Betreuungen die Zeit fehle. Dass der Hebammenmangel zu einem Problem für ganz Deutschland geworden ist, bestätigt Robert Mau, Sprecher vom Deutschen Hebammenverband: "In Berlin müssen manche Hebammen bis zu 50 Frauen an einem Tag ablehnen."

Um Schwangeren und Müttern aus diesem Dilemma zu helfen, hat der Verein Donum Vitae eine wöchentliche Hebammensprechstunde organisiert. In den Räumen an der Josefstraße 9 in Viersen ist He-bamme Berit Decker jeden Donnerstag Ansprechpartnerin. "Wir kennen die Nöte und wollten für Frauen aus dem gesamten Kreis Viersen dieses Angebot schaffen", sagt Sozialpädagogin Birgit Kruse von Donum Vitae. Der Verein bietet neben Schwangerschaftkonfliktberatung auch allgemeine Beratung, etwa für junge Mütter oder Alleinerziehende.

Berit Decker hilft nach vorheriger Anmeldung bei Fragen zum Schwangerschaftsverlauf, nennt Möglichkeiten der Geburt, ist Ansprechpartnerin für Entwicklung des Säuglings, für Babypflege, Stillen oder Ernährung. In ihrem großen Rucksack, den sie zur Sprechstunde mitbringt, ist auch eine Handwaage zu finden. Damit wiegt sie die Babys in der Nachsorge.

Was Decker nicht leisten kann: "Die komplette Begleitung oder Nachsorge abzudecken", sagt Birgit Kruse. Die Sprechstunde sei dafür gedacht, eine Lücke zu schließen, wenn etwa eine Hebamme abspringe oder keine zu finden sei.

(busch)
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