Stadt Kempen Die Haiti-Hilfe ist wieder angelaufen

Stadt Kempen · Nach dem Erdbeben 2010 ist die Insel erneut von einer Naturkatastrophe betroffen, jetzt von einem Taifun. Pfarrer Roland Kühne und Schüler des Kempener Berufskollegs sind wieder im Einsatz und sammeln Spenden.

Eigentlich ist Pfarrer Roland Kühne von der Kempener evangelischen Thomaskirche auf einer Nordseeinsel in Urlaub, aber gedanklich ist er auf der rund 7 700 Kilometer Luftlinie entfernten Insel Haiti. Denn auf dieser gerade vom Taifun Matthew geschüttelten Insel sind er und die Schüler des Rhein-Maas-Beruskollegs seit dem furchtbaren Erdbeben 2010 unterwegs, um beim Wiederaufbau zu helfen. Nun gibt es erneut große Schäden.

Die Schüler wollten seinerzeit etwas tun. Damit war die Aktion "Schüler bauen für Haiti" gegründet. Und da es Auszubildenden an Geld mangelt, kam die Idee der tätigen Hilfe. Aus einer einmaligen Reise wurde inzwischen eine feste Einrichtung. Alljährlich fahren Schüler der Handwerkerklassen nach Haiti, um dort in ihren Ferien zu arbeiten. Und zwischenzeitlich waren auch drei Praktikanten in Kempen, um das hiesige Berufsleben kennen zu lernen.

In Liancourt bauten die Schüler ein Seminar für Lehrerinnen mit auf. Dort sollen Lehrerinnen im Sinne der Montessori-Pädagogik ausgebildet werden. Glücklicherweise wurde Liancourt vom Taifun weitgehend verschont, erzählt Pfarrer Kühne, denn es liegt rund 250 Kilometer im Landesinneren. Schlimmer sieht es in Torbeck aus. Hier haben die Schüler in den vergangenen Jahren ein Haus für obdachlose Straßenkinder und jugendliche Waisen errichtet. Dort können sie leben und ausgebildet werden. Ganz wichtig ist den Schülern wie auch Kühne, dass viele einheimische Arbeiter sich am Bau beteiligen. Denn so erhalten diese in dem bitterarmen Land wenigstens für die Zeit der Baumaßnahme aus dem Spendentopf ein Einkommen.

Wichtig ist den Schülern aber auch, dass im Laufe der Zeit Freundschaften entstanden sind. Um so mehr traf sie nun die Nachricht von den Schäden durch den Taifuns. Vielen Haitianern wurde buchstäblich das Dach über dem Kopf weggepustet. Viele Hütten oder Häuser, die gerade erst errichtet wurden, sind nur Ruinen. Dennoch, so Kühne, versuchen die Menschen, notdürftig mit Planen oder Ähnlichem ihre wenigen Habseligkeiten zu schützen. Und viele sind auch in diese Notunterkünfte zurück gekehrt, auch um ihre minimale Habe zu bewachen, denn solche Unglücke rufen leider immer wieder Plünderer auf den Plan. Aus der Not wurde eine neue Idee geboren. "Dächer für Haiti" heißt die Aktion. Denn das brauchen die Menschen nun als erstes - im wahren Sinne des Wortes ein Dach über dem Kopf. Mittlerweile funktioniert die Verbindung über Handy und Whats App wieder, so dass Kühne Kontakt mit den Freunden in Haiti aufnehmen konnte. Mittlerweile hat er eine Liste von zehn Familien, die besonders nötig Hilfe brauchen. Da ist es gut, dass die Verbindung und das Vertrauen untereinander sehr eng geworden ist. Kühne und seine Schüler können sich auf die Informationen verlassen. Deshalb hat man sich auch entschieden, zunächst einen kleinen Kreis von zehn Familien auf die Liste zu setzen. Man sollte seine Möglichkeiten realistisch einschätzen, meinen alle. So kann Kühne auch dafür einstehen, dass wirklich jeder gespendete Cent in die richtigen Kanäle fließt.

Was ihn immer wieder berührt, erzählt er, ist, dass die Menschen trotz dieser erneuten Katastrophe nicht verzweifeln. Sie sind überzeugt, auch das wiederum zu schaffen. Sicher helfe ihnen da die starke Verwurzelung im Glauben, die viel stärker als hier sei. Glauben sei für sie eine konkrete Lebensgröße. Aufgrund des mehr als mangelhaften Gesundheitssystems hat er natürlich auch Bedenken, was die Cholera-Gefahr angeht. Er hat gehört, dass es bereits Hilfslieferungen mit entsprechenden Impfungen auf dem Weg nach Haiti gibt, will sich da aber noch mal schlau machen, ob die auch in Torbeck ankommen.

Natürlich haben ihn auch seine Schüler auf den Taifun und die Folgen angesprochen. Er berichtet von einer Schülerin der Willicher Berufsschule, die spontan angefangen hat, Spender aufzutreiben. Ihn berührt das. Er hat die Erfahrung gemacht, dass die jungen Leute sehr engagiert helfen wollen, wenn sie konkret wissen, worum es geht. Dann zeigen sie eine Hilfsbereitschaft, die ihn beeindruckt.

Gerade hat er Kontakt aufgenommen mit den drei Schirmherren der Aktion "Schüler bauen für Haiti". Die Bundestagsabgeordneten Uwe Schummer (CDU), Udo Schiefner (SPD) sowie Siegmund Ehrmann (SPD) unterstützen das Projekt schon lange. Auch gibt es schon Kontakte zu großen Spendern der Aktion. Dennoch wird jetzt gerade jede noch so kleine Spende gebraucht. Die Spender können sich darauf verlassen, dass ihr Geld zu hundert Prozent in das Projekt fließt, da es keinerlei Verwaltungskosten gibt. Kühne und seine Schüler haben halt ihre verlässlichen Partner vor Ort. In den nächsten Tagen wird die Homepage aktualisiert. Hier kann sich jeder über den Stand der Dinge informieren. Zunächst wird die Aktion bis Ende des Jahres laufen.

Der eigentliche Plan, im nächsten Jahr einen kompletten Kindergarten mit angeschlossener Gesundheitsstation aufzubauen, ist übrigens zur Zeit lediglich aufgeschoben, so Kühne. Zunächst muss abgewartet werden, wie sich die Situation entwickelt.

(sr)
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