Stadt Kempen Der Rat: Einfach zurück auf Anfang gehen

Stadt Kempen · Sebastian Pufpaff war zu Gast im St. Huberter Forum und schnitt sehr viele Themen an. Für das Publikum gab es keine Verschnaufpausen. Woher er seine Geschichten bekommt? Er hört zu!

 Sebastian Pufpaff schaut hin und legt die Finger in die Wunden. In seinem Kopf entstehen Bilder, die er verarbeitet und an sein Publikum weitergibt.

Sebastian Pufpaff schaut hin und legt die Finger in die Wunden. In seinem Kopf entstehen Bilder, die er verarbeitet und an sein Publikum weitergibt.

Foto: wolfgang kaiser

Zum zweiten Mal war er am Montagabend und Dienstag im St. Huberter Forum zu Gast - der Kabarettist Sebastian Pufpaff. Wie bei seinem ersten Besuch 2012 nahm er seine Besucher sofort auf einen wortgewaltigen Parforceritt quer durch deutsche Themen mit. In einem atemberaubenden Tempo springt der Enddreißiger durch einen ganzen Kosmos aktueller Befindlichkeiten. Manchem ist das Tempo dabei zu schnell, vor allem am Anfang, wo der Ton teilweise noch schlecht ausgesteuert war. Und Pufpaff verlangt seinem Publikum auch angestrengtes Zuhören ab, es gibt keine Verschnaufpausen, weder für ihn noch seine Besucher.

Zum Einstieg am Montag gab es Lob für die Besucher. Trotz Fußballspiel so zahlreich gekommen zu sein, das sei schon eine Leistung. Aber Kabarett wäre ja so etwas wie moderner Ablasshandel. Worüber man denn reden solle? Sei vielleicht jemand kürzlich vom Trecker gefallen, so seine Anspielung auf die ländliche Umgebung, wo er gleich in einem Romantikhotel untergebracht wurde. Die Vorstellung war schon originell, er als Single-Kabarettist unter verliebten Pärchen.

Milchquote oder Armin Laschet wollte er so nicht aufnehmen. Dann schon eher, da zeigte sich Pufpaff gut informiert über die aktuelle Lage in Kempen mit der direkten Nachbarschaft von Flüchtlingsunterkunft und Forum, sich mit Flüchtlingen beschäftigen. Griechenland könne ja noch ein paar Jahre warten. Aber eigentlich gehe es ihm doch gut, er wüsste gar nicht, worüber er sich aufregen solle.

Dann findet er aber doch noch genug Dinge fürs Aufregen und auch für den einen oder anderen moralischen Seitenhieb. Da geht es um Flüchtlinge, den schönen Schein der Inklusion oder auch die langen Wartezeiten beim Orthopäden. Seine Geschichten über teure Preise, nur weil die entsprechende Ware gerade in Mode ist, bringt ein Publikum zum Lachen, das sich hier offensichtlich wiederfindet. Er würde oft gefragt, woher er seine Geschichten bekäme, erzählt er. Gleich darauf gibt er die einfache Antwort, dass er eben zuhöre. Offensichtlich hört er nicht nur zu, sondern schaut auch zu. Faszinierend, wie bei seinen Erzählungen die Bilder im Kopf entstehen. Bis auf eine einzige Geschichte, wo es um den Abenteuerausflug zum Airhoppen geht, verzichtet er auf jegliche dramaturgischen Einlagen. Er steht einfach auf der Bühne und spricht. Ein schlanker, schmaler Mann im dunklen Anzug. Jede Mutter hätte den gerne als Schwiegersohn, so der erste Eindruck. Der bei potenziellen Schwiegermüttern aber wohl nur bis zu den ersten Sätzen halten würde. Denn Pufpaff hört nicht nur zu und sieht genau hin, er genießt es auch behaglich, den Finger in die Wunde zu legen. Und dann kann er manchmal richtig drastisch werden. "Es gibt nur Arschlöcher oder Nicht-Arschlöcher" kommentiert er die gängigen Schubladen der Fremdenhasser. Klauen, Schlagen, Terrorist sein können Deutsche genauso. Zum Schluss kommt zum Motto des Programms "Alles auf Anfang". Es müsste wie im Film einen Elektrostab geben, mit dem alles wieder umkehren könne. Man sollte sich doch einmal entschleunigen, dann gäbe es aus weniger an Burnout Erkrankte. Sollte einfach mal durch die Stadt gehen und die Menschen anlächeln. Sich auf einen Schemel setzen und in aller Ruhe die Raufaser betrachten. Einfach zurück auf Anfang gehen. Danke Herr Pufpaff, das ist ein guter Rat in diesen Zeiten.

(sr)
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