Serie Musiker Und Ihr Instrument: Bettina Landmann Bei Wagner müssen die Flöten geweckt werden

Kempen · Bettina Landmann aus Kempen ist Solo-Flötistin der Niederrheinischen Sinfoniker und Mitgründerin des beliebten Ensembles "Flautotal".

 Seit 1980 ist Bettina Landmann aus Kempen Soloflötistin der Niederrheinischen Sinfoniker am Theater Krefeld Mönchengladbach. Vor Kurzem hat sie auf eine Holzflöte gewechselt, die einen besonders warmen Klang hat.

Seit 1980 ist Bettina Landmann aus Kempen Soloflötistin der Niederrheinischen Sinfoniker am Theater Krefeld Mönchengladbach. Vor Kurzem hat sie auf eine Holzflöte gewechselt, die einen besonders warmen Klang hat.

Foto: WOLFGANG KAISER

KEMPEN Was macht das Spielen im Orchester aus? Für den Orchestermusiker ist der Abend der Höhepunkt des Tages, die Kraft dafür müssen sich alle den Tag über aufsparen. Seit 1980 ist Bettina Landmann Soloflötistin der Niederrheinischen Sinfoniker am Theater Krefeld Mönchengladbach. Gerade im Orchestergraben ist sehr eng, sehr laut und anstrengend. Die Musiker tragen sogar einen Hörschutz. Das sei schon "höllenhart", wenn sich wie beispielsweise bei den Bratschen die Trompeten genau hinter einem befinden.

Aber, was vielleicht wie eine Klage klingt, ist Alltag im Konzertbetrieb. Und Bettina Landmann möchte ihn nicht missen. Es ist ihr Traumberuf, das war ihr bereits als 16-Jährige klar. Zur Querflöte ist sie dagegen eher zufällig gekommen. Es war halt immer schon eine im Haus, erzählt sie. Ihr Vater hatte früher Flöte gespielt. Und Tochter Bettina, die ganz normal mit Blockflöte anfing, wechselte mit neun Jahren auf das naheliegende, die Querflöte. Sie besuchte damals die Düsseldorfer Musikschule. Irgendwann begriff sie, dass man mit Musik Geschichten erzählen kann. Ab da war das Üben keine Pflicht mehr, sondern Freude - mehr als den Eltern lieb war, die sie gerne in einem "seriösen" Beruf gesehen hätten und deshalb ein gutes Abitur forderten.

Bettina Löns, wie sie damals hieß, hat beides geschafft: die Schule und die Musik - als Beruf. Sie gehörte zu den Gründungsmitgliedern des Düsseldorfer Jugendsymphonieorchesters, spielte in Bläserquintetten und gewann Wettbewerbe. Zuhause spielte man - ihr Bruder lernte Cello - mit Freunden Beethoven vom Blatt, was wohl "einen Klang zum Gotterbarmen" hervorbrachte, aber die Freude in keiner Weise dämpfte. Und danach schmeckte allen Mutters Erbsensuppe besonders gut.

Nach dem Abitur studierte sie an der Musikhochschule in Detmold bei Professor Paul Meisen, ein großer, damals noch sehr junger Lehrmeister. Mit 21 Jahren erhielt sie die Soloflötenstelle im Orchester der Nordwestdeutschen Philharmonie Herford, das sie nach einem Jahr wieder verließ, um ihr Studium fortzusetzen. Sie wechselte für ein Jahr nach Zürich, wo sie bei André Jaunet, dem Altvater der Querflöte, studierte. "Bei ihm habe ich viel gelernt, vor allem musikalisch, weniger technisch", erinnert sich die Musikerin. Zurück in Detmold machte sie 1977/78 ihr Konzertexamen. Mit dem Pianisten Gerrit Zitterbart gewann sie die Bundesauswahl "Konzerte junger Künstler" und reiste 1 Jahr mit Flötenabenden durch Deutschland. 1980 fing sie dann bei den Niederrheinischen Sinfonikern an - und blieb bis heute dabei.

Orchestermusik ist ihr Traum. Für ihr Instrument, die Querflöte, ist die Begeisterung im Laufe der Jahre noch gewachsen. "Ich mag gerne, wie die Flöte im Orchester eingesetzt ist. Sie darf oft die Melodie mitspielen und hat meistens eine führende Stimme." Bei Brahms gibt es schöne solistische Stellen, das berühmte Solo in Ravels "Daphnis und Chloe" sei ein Traum. Im "Karneval der Tiere" und bei "Peter und der Wolf" sind für die Vögel schnelle Finger gefragt. Die Flöte sei eben die Virtuosin bei den Holzbläsern. Wagner hat sie allerdings sehr stiefmütterlich behandelt: "400 Takte Pause und dann ein einziger Ton! Da muss man schon mal geweckt werden!"

35 Jahre hat sie auf einer Goldflöte gespielt, die Substanz und Tragfähigkeit bietet. Aber man braucht dabei auch viel Kraft, der in Klang umgesetzt wird. Vor kurzem hat sie auf eine Holzflöte gewechselt, die leichter anspricht, einen besonders warmen Klang hat und sich gut mit den anderen Holzbläsern im Orchester mischt.

Bei der Flöten-Kammermusik hat es ihr vor allem die virtuose Salonmusik angetan. Ihre Lieblingskomponisten sind hier die Brüder Albert und Franz Doppler, deren Werke sie mit ihrer langjährigen Freundin und Orchesterkollegin Renate Schlaud-Groll auch auf CD aufgenommen hat. Dabei hat Bettina Landmann auch noch zwei Kinder aufgezogen. Heute sind sie längst erwachsen und außer Haus. Als Mutter war sie zwar nachmittags immer für ihre Kinder da, aber abends eben oft nicht zu Hause. Da half eine wundervolle Kinderfrau. Nach dem Dienst spät ins Bett und morgens für die Familie früh raus: 15 Jahre lang musste sie mit Schlafmangel leben. Wie ein Sportler muss ein Flötist auch täglich trainieren - oder üben. Bei abendlichen Vorstellungen etwa 2 Stunden, an anderen Tagen auch mehr. Wenn man etwa im Urlaub pausiert, hat der Körper vieles wieder verlernt. Da muss man zwei, drei Wochen vor der Saison heftig üben, um wieder hineinzukommen. Ansonsten braucht man fürs Spielen eine tiefe Bauchatmung, genauso wie beim Singen. 2008 gründete Bettina Landmann mit Kolleginnen das Ensemble Flautotal. Große Orchesterwerke werden für zwölf Flöten arrangiert. Das sei eine sehr fröhliche Arbeit, die auf viel Spaß beruht - und das scheine sich aufs Publikum zu übertragen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort