Stadt Kempen "Aufgeblättert": Vier Kempener verraten ihre Lektüre-Favoriten

Stadt Kempen · Seit einigen Jahren werden im Herbst in der Thomas-Buchhandlung von Dirk Lewejohann ganz viele Bücher "Aufgeblättert". Vier bekannte Kempener stellen jeweils vier Bücher vor, die sie angeregt und ihnen gefallen haben. Dies waren ganz persönliche Seiten aus den vielen Neuerscheinungen des Jahres, die Hannelore Öchsner-Vietoris, Pfarrer Roland Kühne, Kulturamtsleiterin Elisabeth Friese sowie Professor Klaus-Peter Hufer da dem dicht gedrängten Publikum in der Buchhandlung vorstellten.

 Als zweiter war Pfarrer Roland Kühne an der Reihe und stellte auch ein Buch des 90-jährigen Schriftstellers Martin Walser vor.

Als zweiter war Pfarrer Roland Kühne an der Reihe und stellte auch ein Buch des 90-jährigen Schriftstellers Martin Walser vor.

Foto: WOLFGANG KAISER

Die vorgestellten Bücher gingen quer durch den Buchmarkt von Belletristik bis hin zum politischen Buch. Öchsner-Vietoris begann ihre Buchvorstellung direkt mit einem eindrucksvollen Titel. Annette Mingels beschreibt in ihrem Buch "Was alles war" die Geschichte einer Meeresbiologin, die als Kind adoptiert wurde und das Trauma des Verlustes der eigenen Eltern stets mit sich herum trägt. Ausgewählt hatte sie auch die Geschichte von Antoine, die Pierre Lemaitre in "Drei Tage und ein Leben" beschreibt. Ein Junge erschlägt in einem Wutanfall ein noch jüngeres Kind. Nur wegen eines Sturms wird die Tat nicht entdeckt, der ganze Ort sucht das Kind. Aber Antoine wird die Schuld sein ganzes Leben lang nicht mehr loslassen.

Interessant war auch die Auswahl von Pfarrer Kühne. Wie ein roter Faden zog sich sehr viel Lebenserfahrung der Autoren und ihrer Charaktere hindurch. Martin Walser beschreibt "Statt etwas oder der letzte Rank" in 52 oft kurzen Kapiteln aus dem Blick des Senioren die Welt. Dabei kommt er zu vielen philosophischen Erfahrungen. So stellt er fest, dass es ihm zu gut geht. Dem Pfarrer gefällt natürlich auch ein Satz wie "Gott ist ein Masseur mit Händen aus Musik." Fast beängstigend ist die Geschichte von Amy Liptrop "Nachtlichter". Eine Frau von der Insel Orkney gerät in der großen Stadt London immer tiefer in Alkohol- und Drogenrausch. Erst als sie auf ihre kleine Insel zurück kehrt, findet sie auch das Leben wieder.

Die Liebe zu Frankreich prägte die Auswahl von Elisabeth Friese. Dazu gehörte auch eine sehr persönliche Biographie des französischen Staatsoberhaupts Emmanuel Macron von Anne Fulda. Ihr blieb nach der Lektüre ein "ambivalentes Gefühl", was ihn und sein Auftreten betrifft. Die Kunsthistorikerin schlägt bei ihr durch, als sie vom Buch "Die Welt der Farben" von Clair St. Kassia förmlich schwärmte. Das Buch über die Kulturgeschichte der Farben steckt voller Anekdoten und Fachwissen. Und es ist haptisch so reizvoll, dass man dieses Buch wirklich fühlen muss, es mit den Händen begreifen und erfahren.

Hufer definierte seine Auswahl "von der Ferne in die Nähe". Der Politikwissenschaftler hat ein interessantes Buch mit Erzählungen aus Nordkorea gefunden. "Denunziation" von Bandi. Unter Pseudonym erschienen, hat es dieser Band irgendwie aus dem diktatorischen Land heraus geschafft. Es beschreibt die Bilder einer erschreckenden Welt, in der der Einzelne nichts mehr gilt, sondern sich einem übermächtigen Staat unterwerfen muss. In die gleiche Richtung der Gefährdung der Freiheit des Individuums ging das Buch von Noam Chomsky "Requiem für den amerikanischen Traum". Der Autor setzt sich mit den schleichenden Veränderungen der Demokratie unter Präsident Donald Trump auseinander. Ganz nahe dann die Frage von Axel Hacke, "Über den Anstand in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wir damit umgehen". Ein schmales Bändchen, aber durchaus lesenswert und ein guter Ratgeber.

(sr)
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