Serie Mein Lieblingsplatz Auf der Holzbrücke über die Schleck

Kempen · Es sind die alltäglichen Dinge, die man nicht immer bewusst wahrnimmt, die aber doch immer wieder ein Gefühl des Wohlbefindens auslösen. Ein solcher Wohlfühlort ist für die Verfasserin dieses Artikels die kleine hölzerne Brücke über den Schleckbach, der in der Nachbarschaft nur "die Schleck" genannt wird.

 Eva Scheuß mit ihrem Hund, dem Irish Terrier "Darry", auf der Holzbrücke über den Schleckbach zwischen Klixdorf und Mülhausen.

Eva Scheuß mit ihrem Hund, dem Irish Terrier "Darry", auf der Holzbrücke über den Schleckbach zwischen Klixdorf und Mülhausen.

Foto: Wolfgang Kaiser

Die Schleck kommt aus Vorst, verläuft an Oedt und Grefrath vorbei zur Abtei Mariendonk, wo sie in die Niers mündet. Sie bildet in Höhe der Brücke die Grenze zwischen der Stadt Kempen und der Gemeinde Grefrath, was besonders dann auffällt, wenn die öffentlichen Pflegearbeiten diesseits und jenseits der Brücke unterschiedlich verlaufen, das Gras hier gemäht ist und dort noch nicht, der Schnee dort geräumt wurde und hier noch nicht.

Unzählige Male hat die Autorin den kleinen Wasserlauf bereits überquert. Mit dem Fahrrad oder etwas gemächlicher zu Fuß beim Gassi-Gehen mit dem Hund. Rad ist ein gutes Stichwort, denn der Weg über die Schleck ist ein vielgenutzter örtlicher Radweg und Teil eines überregionalen Radewegenetzes. Er verbindet Kempen mit Grefrath und führt weiter in Richtung Niederlande. Damit ist er auch das Tor hinein in eine wunderschöne Erholungslandschaft wie etwa zur Krickenbecker Seenplatte.

Und so hat sich dieser Weg zu einer Art Fahrradstraße entwickelt. Sie führt über die offene Landschaft, durch die Felder der Kempener Platte hinein in ein kleines, feuchtes Waldgebiet, das wegen der dort aufgestellten Poller praktisch autofrei ist. Bereits frühmorgens sind Berufstätige und Schüler hier unterwegs. Später am Tag folgen die Freizeitradler. Bei schönem Wetter verabreden sich auch in der Woche Gruppen von Rentnern, die munter plaudernd unterwegs sind. Viele sind mittlerweile dank E-Bikes relativ zügig unterwegs. An Wochenenden kommen noch gestresste Rennradfahrer hinzu, die mit Klingeln und Rufen langsamere Verkehrsteilnehmer auf sich aufmerksam machen. Auch viele Jogger und Läufer nutzen die landschaftlich reizvolle Strecke. Mit anderen Worten: Hier ist vor allem in den Sommermonaten eine ganze Menge los. Das war irgendwie immer schon so. Denn auf dieser Wegstrecke verlief früher die Bahnlinie zwischen Kempen und Kaldenkirchen. Der Komponist Johannes Brahms reiste auf dieser Strecke im Januar 1885 nach Mülhausen, um im dortigen Drinckhof an der Niers im Kreis von Freunden einen fröhlichen Tag bei Fischkuchen, Rosinenbrot und Rhein-Wein zu verbringen. Ihm zu Ehren wird die Strecke auch "Brahmsweg" genannt.

Nach der Stilllegung der Bahnlinie in den 1980er-Jahren wurde die Strecke in einen Radweg umgewandelt. Besonders angenehm ist es hier, wenn es etwas ruhiger ist. An nebligen Wintertagen, im kühlen Frühjahr, wenn gerade ein grüner Schleier die Natur überzieht, oder auch an einem regnerischen Sommertag. Dann hat man diese Ecke mal ganz für sich.

Und eine besondere Wegmarke ist dann immer wieder die Brücke über die Schleck. Einmal stehen bleiben, übers Geländer schauen. Wie ist der Wasserstand heute? In trockenen Monaten ist nur wenig bis gar kein Wasser im Bachbett zu sehen. Die Schleck, ohnehin ein flaches Gewässer, leidet in den vergangenen Jahren auffallend oft unter Wasserknappheit. Dann sieht man unter der Brücke deutlich, welche Stauwerke aus Steinen und Holz Kinder hier zuletzt gebastelt haben. Hat es jedoch viel geregnet, dann plätschert die Schleck munter vor sich hin.

Angenehm ist es, dem Murmeln des Wasser zuzuhören. Manchmal steht ein Reiher im weiteren Verlauf des Bachbetts oder ein Reh wagt sich zum Trinken aus dem Walddickicht. Wenn dann noch die Vögel zwitschern und der Wind in den Bäumen rauscht, dann ist es hier einfach nur schön.

(evs)
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