Stadt Kempen Alsdorf: Stadt muss auf Vertrag pochen

Stadt Kempen · Der frühere CDU-Politiker Rudi Alsdorf wirft Stadt und Politik vor, in Sachen Archiv zu zögerlich zu agieren. Er glaubt nicht, dass das Kreisarchiv in Kempen bleibt. Allerdings sollte das Stadtarchiv unbedingt hier gehalten werden.

 Landrat Dr. Andreas Coenen (rechts), bei der Vorstellung des Kreisheimatbuchs 2012 mit Archivleiter Dr. Gerhard Rehm noch Kreisdirektor, sucht nach einer Lösung fürs Kreisarchiv und die Kempener Burg.

Landrat Dr. Andreas Coenen (rechts), bei der Vorstellung des Kreisheimatbuchs 2012 mit Archivleiter Dr. Gerhard Rehm noch Kreisdirektor, sucht nach einer Lösung fürs Kreisarchiv und die Kempener Burg.

Foto: Kaiser

Rudi Alsdorf hat über viele Jahre die Kommunalpolitik in Kempen und auf Kreisebene mitbestimmt. Er war Vorsitzender der CDU-Stadtratsfraktion und führte auch einige Jahre die CDU-Fraktion im Viersener Kreistag. Dann kam es zum Bruch mit der eigenen Partei, Alsdorf trat von seinen Ämtern zurück und verließ die CDU. Ihm passte die von der Kreispartei verfolgte Linie der Annäherung mit den drei damals im Kreistag vertretenen Parteien SPD, FDP und Grüne nicht. Einige Zeit - bis zu Kommunalwahl 2014 - saß der Kempener noch als Unabhängiger im Kreistag. Rudi Alsdorf galt immer als ein Politiker, der Probleme klar benannte und dabei weder den politischen Gegner noch eigene CDU-Parteifreunde schonte. Als Gast der Mitgliederversammlung der Freien Wähler Kempen, dessen Vorsitzender sein Sohn Georg ist, sprach Rudi Alsdorf am Dienstagabend zum Thema Burg und Kreisarchiv deutliche Worte.

Die Stadt hätte von Anfang an klare Kante in Richtung Landrat Dr. Andreas Coenen zeigen müssen. Beim Kempener Stadtarchiv, das als eigenständige Abteilung vom Kreisarchiv in der Burg betreut wird, gebe es eindeutige vertragliche Regelungen aus dem Jahre 1984. Die Stadt müsse auf ihrem Rückforderungsrecht bestehen, sollte der Kreis sein Archiv aus Kempen abziehen wollen. Danach sieht es nach Einschätzung von Rudi Alsdorf derzeit aus. Auf Hilfe von außen könne Kempen in der Angelegenheit nicht hoffen. Dafür nehme Kempen in der großen Kreisfamilie eher eine Außenseiterrolle ein. In anderen Kommunen, speziell in Viersen, schaue man seit Jahren neidisch auf die Thomasstadt, weil die kaum wirtschaftliche Probleme, dafür aber eine boomende Baukonjunktur oder eine florierende Altstadt habe. Dass deshalb im Kreistag sich irgendjemand besonders für den Verbleib des Kreisarchivs in Kempen stark mache, hält Alsdorf für sehr unwahrscheinlich.

Er wirft Bürgermeister Volker Rübo zögerliches Agieren in der Sache vor. "Unter seinem Vorgänger Karl Hensel wäre es nicht passiert, dass ein Landrat sich über berechtigte Interessen der Stadt Kempen so einfach hinweg setzt", meinte Alsdorf. Hier müssten Bürgermeister und Stadtrat entschiedener auftreten. Notfalls müsse die Stadt darauf bestehen, dass Stadtarchiv mit seinen wertvollen Dokumenten aus dem Kreisarchiv wieder heraus zu lösen und selbst zu betreiben.

Diesen Vorschlag finden auch die Freien Wähler vernünftig. Wenn Bürgermeister Rübo ein zweites Verwaltungsgebäude - etwa auf dem ehemaligen Arnoldgelände an der Schorndorfer Straße - anstrebe, könnte dort gleich auch für die Unterbringung eines eigenständigen Stadtarchivs mitgeplant werden. Eine Trennung von Kreis- und Stadtarchiv sehen die Freien Wähler als wenig problematisch an. Christian Gehlen verwies auf die Trennung von Kreis- und Stadtbibliothek vor einigen Jahren. Danach sei die Stadtbücherei aufgeblüht und mit neuem Konzept durchgestartet.

Ulrich Hermanns hatte bereits in der Einwohnerfragestunde der Ratssitzung am Montagabend gefragt, ob die Stadt dem Landrat ein Grundstück auf dem ehemaligen Arnoldgelände fürs neue Kreisarchiv angeboten und der Landrat dies abgelehnt hätte. Bürgermeister Rübo beantwortete die Frage mit "Nein". Dennoch hält sich dieses Gerücht in Kempen hartnäckig. Rudi Alsdorf dazu: "Gehen Sie mal davon aus, dass das Gerücht den Tatsachen entspricht."

Günter Solecki, Fraktionsvorsitzender der Linkspartei im Stadtrat und gleichzeitig Kreistagsmitglied, sprach als Gast der Versammlung das Abstimmungsverhalten der Kempener Liberalen im Rat an. Die hatten sich bei der Frage, ob die Stadt gemeinsam mit dem Kreis ein geeignetes Grundstück für einen Archivneubau in Kempen finden solle, der Stimme enthalten. Die FDP-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, Irene Wistuba, führt auch die Fraktion der Liberalen im Kreistag. In dieser Funktion hatte Frau Wistuba gemeinsam mit FDP-Kreisparteichef Wolfgang Lochner (ebenfalls aus Kempen) das Freilichtmuseum in Grefrath als Archivstandort ins Gespräch gebracht. In Kempen gehen viele Politiker inzwischen davon aus, dass dieser Vorschlag mit den anderen Kreistagsparteien abgestimmt gewesen sei. Politische Insider warnen indes davor, Pläne für ein eigenständiges Stadtarchiv öffentlich zu propagieren. Das würde Kempens Position in den Verhandlungen mit dem Kreis nur schwächen. Kempen müsse bei der Zukunft von Archiv und Burg weiterhin ein Mitspracherecht haben.

(RP)
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