Serie Hochschule Rhein-Waal So viel Fairtrade steckt in Smartphones

Moers · In einem interdisziplinären Projekt haben Studenten Handys in ihre Bestandteile zerlegt und sich auf die Suche nach der Herkunft der einzelnen Materialien gemacht. Zugrunde legten sie die Kriterien des fairen Handels.

 Professor Irmgard Buder, Leiterin des Studiengangs Energie und Umwelt an der Kamp-Lintforter Hochschulfakultät, trug den Fairtrade-Gedanken in die Studentenschaft. Sie ließ die Studenten Handys nach Fairtrade-Kriterien überprüfen.

Professor Irmgard Buder, Leiterin des Studiengangs Energie und Umwelt an der Kamp-Lintforter Hochschulfakultät, trug den Fairtrade-Gedanken in die Studentenschaft. Sie ließ die Studenten Handys nach Fairtrade-Kriterien überprüfen.

Foto: Klaus Dieker

Kamp-Lintfort Seit März darf sich Kamp-Lintfort mit dem Siegel Fairtrade-Stadt schmücken, als 112. in NRW und 465. in Deutschland. Die Hochschule Rhein-Waal hat sich vor zwei Jahren ebenfalls auf den Weg gemacht. Sie möchte zu den ersten Fairtrade-Universitäten in Deutschland gehören. "Der Antrag unserer Hochschule ist abgeschickt", betont Irmgard Buder, Leiterin des Studiengangs Energie und Umwelt an der Fakultät in Kamp-Lintfort. "Die Stadt war ein wenig schneller als wir", sagt die Professorin für Erneuerbare Energien und Elektro-Mobilität. Wenngleich das Gütesiegel noch nicht verliehen ist, ist das Thema Fairtrade für die Studenten der Fakultät Kommunikation und Umwelt ein wichtiges Forschungsfeld - zuletzt in einem interdisziplinären Projekt, an dem sich Hochschüler der Studiengänge Energie und Umwelt, Mobilität und Logistik sowie International Business beteiligt haben. Sie stellten sich im fünften Semester der Frage, wieviel Fairtrade eigentlich in Handys steckt.

Fair gehandelte Waren wie Kaffee sind heute in aller Munde. Doch wer weiß schon, aus welchen Bestandteilen sein Smartphone zusammengebaut ist, woher sie kommen und unter welchen Arbeitsbedingungen sie hergestellt wurden. "Ziel unseres Projektes war, den Weg der Rohstoffe bis zur Firma zu verfolgen, die dem Handy ihren Namen gibt", erläutert die Professorin das interdisziplinäre Projekt. "Und natürlich zu prüfen, ob in der Herstellungskette nachhaltige Kriterien wie beispielsweise Arbeits-, Gesundheits-, und Umweltschutz sowie faire Bezahlung gewährleistet ist." Und das vorweg: Die beteiligten Studenten förderten mit ihren Recherchen keine erfreulichen Ergebnisse zutage.

Zerlegt man ein Handy in seine Bestandteile, erhält man eine beachtliche Sammlung an Materialien - Kunststoffe, Keramiken und diverse Metalle. "Die Studenten gingen der Frage nach, woher Gehäuse, Display, Akku und die anderen Bestandteile stammen", so die Professorin. Schon zu Beginn der Recherche sei jedoch klar gewesen, dass die Rohstoffgewinnung wie zum Beispiel bei Cobalt kaum nachzuverfolgen sei. "60 Prozent des Cobalts stammt aus dem Kongo. Oftmals wird es in illegalen Minen gewonnen", weiß Irmgard Buder. "Das ist problematisch, weil die Herkunft so nicht mehr aufzuklären ist."

Für die engagierte Professorin ist das ein Politikum: "Die Produzenten müssen die Herstellungsketten offenlegen. Sie haben auch die Macht, Druck auf die Zulieferer auszuüben", fordert sie. Das gelte für alle Hersteller von Smartphones - auch wenn die Studenten im Rahmen des Projekts nur eine Marke untersucht hätten. Das Problem betreffe auch nicht ausschließlich den Kongo. "Auch in China herrschen teilweise laxe Gesetze, zum Beispiel bei der Graphit-Produktion. Dort hängen Staubwolken über Industriestädten. Dieses Material wird in Batterien verbaut", erläutert die Professorin, die selbst Chemikerin ist und und nach dem Studium in der Forschung gearbeitet hatte, bevor sie 2012 an die noch junge Hochschule Rhein-Waal wechselte. Auch die Fabrikation von Elektronikbauteilen des untersuchten Mobiltelefons erfolge teilweise in Fabriken, in denen Standards nicht eingehalten würden oder die Einhaltung nicht geprüft würde. In dem interdisziplinären Projekt haben die Studenten versucht, Fairtrade-Kriterien auf den Elektronik-Bereich herunterzubrechen. "Sie haben Minimalforderungen zu fairer Bezahlung, Arbeitsschutz, und Gewerkschaften formuliert", resümiert Buder. Sie möchte zu dieser Thematik ein weiteres Projekt folgen lassen.

(RP)
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