Kamp-Lintfort Realschule Kamp-Lintfort ist Geschichte

Kamp-Lintfort · Gestern wurden 44 Mädchen und Jungen aus den beiden letzten Abschlussklassen verabschiedet. Im nächsten Jahr hätte die Schule, die in der Sekundarschule aufgegangen ist, ihren 100. Geburtstag feiern können.

 Fotos aus der Schulchronik: Links Entlassschüler im Jahr 1928, in der Mitte Mitglieder des Kollegiums im Jahr 1961, rechts die Entlassung im Jahr 1967, mit Schülerin Irma Salzmann, die später Lehrerin an der Schule wurde.

Fotos aus der Schulchronik: Links Entlassschüler im Jahr 1928, in der Mitte Mitglieder des Kollegiums im Jahr 1961, rechts die Entlassung im Jahr 1967, mit Schülerin Irma Salzmann, die später Lehrerin an der Schule wurde.

Foto: Schulchronik/ Irma Wagner / Grabenau

"Nach 99 Jahren verantwortungsvoller pädagogischer Arbeit geht an der Realschule Kamp-Lintfort das Licht aus", heißt es unter dem 14. Juli im Internet-Terminkalender der Realschule Kamp-Lintfort. Der 14. Juli ist der offizielle letzte Schultag. Doch eigentlich ist die Schule, in der Generationen das Rüstzeug fürs Leben erhielten, bereits seit gestern Geschichte. In der Aula wurden gestern die letzten beiden zehnten Klassen, insgesamt 46 Schüler und Schülerinnen, verabschiedet. Vorher Lehrer, Schüler und Angehörige einen Gottesdienst in der Abteikirche.

 Gestern feierten die beiden letzten Abschlussklassen ihren Abschied von der Realschule. Einige der 44 Absolventen fehlen auf dem Foto.

Gestern feierten die beiden letzten Abschlussklassen ihren Abschied von der Realschule. Einige der 44 Absolventen fehlen auf dem Foto.

Foto: Klaus Dieker

Eine fast 100-jährige "Verbindung theoretischen Lernens und praktischen Tuns" (so das Schulmotto im Internet) ist beendet. Spätestens 1919 hätte das große Jubiläum gefeiert werden können. 1919 bekam die bereits 1918 an der Schulstraße gegründete Vorschule eine erste Mittelklasse, weitere folgten. Zehn Jahre später entstand ein neues Mittelschulgebäude an der Friedrich-Heinrich-Allee, das später im Krieg schwer beschädigt wurde. Bereits im Oktober 1945 konnte der Lehrbetrieb allerdings wieder beginnen. "Die Bestimmungen der Militärregierung sahen vor, dass die Kinder keine Bücher mitbringen durften", heißt es in der Schulchronik. "Nur Hefte und Schreibgerät waren erlaubt, eine Tatsache, die den Unterricht sehr erschwerte. Jedes Gedicht, jede Vokabel, jede Aufgabe musste an die Tafel geschrieben und von den Kindern abgeschrieben werden."

Kamp-Lintfort: Realschule Kamp-Lintfort ist Geschichte
Foto: Grabenau / Realschule

1950 wurden der damaligen Gemeinde Kamp-Lintfort in der Schulaula die Stadtrechte verliehen. In den 50-er und 60-er Jahren galt die Realschule als eine der besten im Kreis Moers. Im Jubiläumsjahr 1969 betrug die Schülerzahl 667. "Als ich 1992 an die Schule kam, waren es sogar 894 Schüler", erinnerte sich gestern der ehemalige Schulleiter Simon Aarse. Die Raumnot zwang die Realschule im Laufe der Zeiten zu weiteren Umzügen: Im Jahr 1976 ging es an die Moerser Straße, Anfang der 2001 erfolgte dann der erste Spatenstich für die neuen Gebäude an der Sudermannstraße.

Kamp-Lintfort: Realschule Kamp-Lintfort ist Geschichte
Foto: schulchronik

Das Ende der Realschule wurde mit der Gründung einer Gesamtschule eingeleitet und mit der Planung einer Sekundarschule (Europa-Schule) besiegelt. "Wir haben 2011 die Eltern von Viertklässlern befragt, ob sie ihr Kind an einer Sekundarschule anmelden würden", erinnert sich Schuldezernent Christoph Müllmann. Weil drei Eingangsklassen gebildet werden sollten, seien 75 positive Rückmeldungen notwendig gewesen. "Bekommen haben wir 135."

Ab 2012 wurden keine neuen Schüler mehr an der Realschule aufgenommen - wie auch an der Diesterweg- und der Niersenberg-Hauptschule, deren letzte Schüler ebenfalls zum Ende des Schuljahres verabschiedet werden. Die beiden letzten Realschul-Klassen wurden zuletzt von insgesamt neun Lehrern betreut, Schulleiter Michael Wawer eingeschlossen. Für die Pädagogen bedeutet das Ende der Realschule auch eine Entlastung, denn alle waren sie gleichzeitig an anderen Schulen tätig, eine Lehrerin sogar an insgesamt drei. "Für einen Vollzeit-Job reichte das hier nicht mehr", sagte Technik-Lehrer Benno Ibold, der gleichzeitig an der Verbundschule in Uedem unterrichtet. Der heute 62-jährige Ibold war 1969 als junger Lehrer an die Realschule Kamp-Lintfort gekommen und hat sein gesamtes bisheriges Berufsleben dort verbracht. In den vergangenen Tagen hat er aufgeräumt und einen Karton mit seinen Sachen gepackt. "Ab Montag brauche ich nicht mehr nach Kamp-Lintfort zu kommen", sagte er auf die Frage nach seinen Gefühlen. "Da wird es einem schon anders."

(RP)
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