Kamp-Lintfort Kamp-Lintforter sagen ja zum Zechenturm

Kamp-Lintfort · Bei der Bürgerinformation in der Stadthalle war die Stimmung gestern Abend eindeutig pro Erhalt des Förderturms.

Christine Utermöhlens Herz hängt an dem Förderturm des Bergwerks West. "Es war 40 Jahre lang der Arbeitsplatz meines Mannes", sagte sie. "Ich sage ja zum Turm. Ich glaube, dass ganz, ganz viele so denken. Dann darf er uns auch Geld wert sein." Ähnlich wie die Geschäftsführerin des Werberings äußerten sich gestern die meisten der Kamp-Lintforter, die den Info-Abend der Stadt zum Thea "Turmerhalt" besuchten, dafür, den Förderturm instand zu setzen und zu einem Aussichtsturm zu machen.

Allerdings war das Interesse an der Veranstaltung insgesamt nur mäßig. Nur an die 80 Gäste kamen ins Foyer der Stadthalle, darunter etliche Mitglieder des Rates. Die Fraktionen hatten, wie berichtet, bereits am Dienstag über den Turmerhalt debattiert. Am 17. Oktober soll der Rat einen endgültigen Beschluss fassen, vorher will die Stadt eine Bürgerbefragung starten.

Von einem Identifikationszeichen für Kamp-Lintfort war gestern Abend die Rede, von einer Landmarke, einer wichtigen Erinnerung an die Bergbauzeit. "Wir sind durch die Kohle Stadt geworden", erinnerte der Kamp-Lintforter Lutz Malonek. "Vier Generationen meiner Familie haben im Bergbau gearbeitet." Ein anderer Gast der Veranstaltung gab zu bedenken, dass Kamp-Lintfort die einzige Stadt sei, die noch über einen Förderturm verfüge. "Sonst gibt es überall nur noch Fördergerüste." Ein solches steht bekanntlich auch noch neben dem Kamp-Lintforter Förderturm. Es steht im Gegensatz zu diesem unter Denkmalschutz und bleibt auf jeden Fall erhalten.

Einige kritische Fragen gab es gestern Abend zur Finanzierung. Seien denn auch eventuelle Kostensteigerungen berücksichtigt worden? Und wie verlässlich sei die Kalkulation überhaupt? Gutachter Reiner Auberg unterstrich, dass nichts "schöngerechnet" und ein zehnprozentiger Aufschlag für "Unvorhergesehenes" gemacht worden sei. Und Kämmerer Martin Notthoff erläuterte, dass er bei seinen Berechnungen noch 20 Prozent auf die von den Gutachtern ermittelten Kosten aufgeschlagen habe.

Wie berichtet werden für Instandsetzung und Herrichtung des Turms als Aussichtsturm 2,5 Millionen Euro veranschlagt. Die Stadt erwartet insgesamt 2,9 Millionen Euro an Fördergeldern und Mitteln der RAG, die sonst den Turm abreißen müsste (was in etwa eine Million kosten würde). Bleiben 400.000 Euro auf der Habenseite, die als Rücklage für die künftig jährlich anfallenden Wartungen und laufenden Kosten (Strom, Versicherung etc.) in Höhe von 32.000 Euro dienen sollen. Mithin werde der städtische Haushalt frühestens nach 13 Jahren belastet, sagte Notthoff. Die Rücklage könne sogar noch durch Eintrittsgelder erhöht werden, die während der Landesgartenschau für den Besuch des Aussichtsturms erhoben werden können.

Wie Bürgermeister Christoph Landscheidt ankündigte, bekommen alle kommunalwahlberechtigten Kamp-Lintforter (ab 16 Jahren) in den nächsten Tagen einen Brief zugestellt, in dem die Stadt den Sachverhalt schildert. Der Brief enthält auch einen Abschnitt, auf dem sich die Adressaten mit einem Kreuzchen für oder gegen einen Erhalt des Zechenturms aussprechen können. Der Abschnitt muss bis zum 23. September, dem Tag der Bundestagswahl, bei der Stadt eingehen. Er kann per Post geschickt, im Rathaus abgegeben oder am Wahltag in eine gesonderte Urne im Wahllokal eingeworfen werden. Die Auszählung der Bürgerbefragung wird einen Tag später, am 24. September, erfolgen. Das Votum der Bürger werde die Grundlage des Ratsentscheids bilden, sagte Landscheidt.

Auch wenn der Rat sich gegen einen Erhalt des Turms ausspricht, wird dieser nicht mehr vor der Landesgartenschau 2020 abgerissen werden können. Die Nutzung als Aussichtsturm entfällt dann allerdings.

(pogo)
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