Kamp-Lintfort Kammermusik mit furiosem Auftakt

Kamp-Lintfort · Nach viertägiger intensiver Probenzeit startet das Kammermusikfest Kloster Kamp am Mittwochabend im Audimax der Hochschule Rhein-Waal die Konzertreihe. Das Publikum ist hingerissen und bejubelt die Musiker.

 Giora Schmidt (Violine) und Andrew Harley (Klavier), Stammgast auf dem Festival, eröffneten den Abend mit Brahms.

Giora Schmidt (Violine) und Andrew Harley (Klavier), Stammgast auf dem Festival, eröffneten den Abend mit Brahms.

Foto: Markus Koopmann

In den Sekunden vor dem letzten Satz von Arno Babadschanjans Trio für Klavier, Violine und Violoncello herrscht im voll besetzten Audimax der Hochschule Rhein-Waal eine Stille, die fast einem Vakuum gleicht. Sie steckt voller Spannung, Erwartung und Neugier auf das, was noch kommt: das furios-beeindruckende Finale im Auftaktkonzert des Kammermusikfests Kloster Kamp am Mittwochabend, das auch durch eine Besucherin geadelt wurde. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen mischte sich unters Publikum, auf Einladung von Jeanette von der Leyen (die RP berichtete).

Alexander Hülshoff, Cellist und künstlerischer Leiter des Festivals, hatte nicht zuviel versprochen, als er in seiner Einführung das Werk angekündigt hatte. Der 1983 verstorbene armenische Komponist ist vielen Musikfreunden eher nicht bekannt. "Arno Babadschanjan gehört aber zu Unrecht zu den vergessenen Komponisten", betonte Hülshoff. Die Sprache des Komponisten, dessen Vater Volksmusiker war, erinnere an Rachmaninow.

Etwa eine Stunde später demonstrierte Alexander Hülshoff am Violoncello mit Megumi Hashiba (Klavier) und Franziska Hölscher (Violine), was er damit meinte, als er den letzten Satz, das Allegro vivace, als starkes rhythmisierendes Stück beschrieb, das an einen Säbeltanz erinnere. Das Publikum war hingerissen und jubelte ob der Darbietung, die die drei Musiker seit Sonntag in den offenen Proben, das Markenzeichen des Kammermusikfestivals, erarbeitet hatten. Dieses Musikfest hat sich im 13. Jahr seines Bestehens zu einem musikalischen Kleinod in der Region entwickelt, das gehegt und gepflegt werden muss. Nicht nur, weil es sich nicht durch öffentliche Zuschüsse finanziert, wie der künstlerische Leiter am Mittwochabend in Kamp-Lintfort betonte.

Sondern, weil die weit geöffneten Türen während der Probenarbeit, interessierten Musikfreunden das niederschwellige Angebot machen, in ungezwungener Atmosphäre die Spielarten der Kammermusik kennenzulernen. Zugleich ist das Musikfest eine spannende Begegnung mit hochkarätigen internationalen Musikern, die man in der Region selten trifft. So auch im Konzert am Mittwochabend, für das Alexander Hülshoff ein kontrastreiches Programm zusammengestellt hatte.

Er stellte Johannes Brahms (1833 bis 1897) drei Komponisten gegenüber, die für ihn die Romantik des 20. Jahrhunderts repräsentieren: Nino Rota, Zoltán Kodály und Arno Babadschanjan. Das Verbindende zwischen den vier Kompositionen sind laut Hülshoff, dass sie ihre Wurzeln in Volksliedern haben, die zu Kunstlieder wurden. Deutlich wurde dies in Zoltán Kodálys Intermezzo für Streichtrio, das Timothy Braun (Violine), Florian Peelman (Viola) und Ernst Simon Glaser (Violoncello) mit einer starken Prise ungarischen Feuers in ihrer Darbietung würzten. Das große Publikum feierte alle vier Ensembles. Ob ganz klassisch mit Brahms (Gora Schmidt und Andrew Harley) oder unerwartet mit Nino Rota, der als Komponist Filmmusiken für so bekannte Regisseure wie Visconti und Coppola ("Der Pate") geschrieben hatte. Alja Velkaverh (Flöte), Aaron Berofsky (Violine) und Arnon Erez (Klavier) stellten in einem leichten, beschwingten Spiel die andere Seite des Filmkomponisten dem Publikum vor. Sie brachten ein Trio für Flöte, Violine und Klavier dar.

Heute Abend, 20 Uhr, geht das Kammermusikfest weiter: In der schmucken Aula der Niederrheinschule stehen Werke von Rachmaninow, Prokofjew, Moszkowsky und Arensky auf dem Programm.

(RP)
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