Kamp-Lintfort Eine kleine Erklärung der Kammermusik

Kamp-Lintfort · Das Musikfest am Kloster Kamp startet am 2. August mit den offenen Proben. RP blickt heute in die Geschichte der Kammermusik.

 Das Cello von Alexander Hülshoff, künstlerischer Leiter des Kammermusifests Kloster Kamp , wurde 1691 in Mailand gebaut.

Das Cello von Alexander Hülshoff, künstlerischer Leiter des Kammermusifests Kloster Kamp , wurde 1691 in Mailand gebaut.

Foto: RP-Archivfoto

Mit seiner Konzentration auf Kammermusik stellt das Kammermusikfest Kloster Kamp eine Ausnahme im sommerlichen Festivalkalender dar. Die Besucher schätzen diese Form der Musik als konzentrierte Form des Komponierens und intimste Art der Musik. In Besetzungen wie dem Streichquartett wird mit wenigen Stimmen das Wesentliche gesagt. "Man hört vier vernünftige Leute sich untereinander unterhalten, glaubt ihren Discursen etwas abzugewinnen und die Eigentümlichkeiten der Instrumente kennenzulernen", beschrieb Dichterfürst Goethe das Wesen der Gattung: Kammermusik ist die Kunst des musikalischen Dialogs.

Ihren Namen verdankt die Kammermusik (ital. "musica di camera") der höfischen "Kammer", die über das Privatleben hinaus als Ort der Begegnung auch politischen Zwecken diente und nach musikalischer Repräsentation verlangte.

Nachdem die Kammermusik seit der Renaissance von Adeligen gepflegt wurde, gewann sie im 18. Jahrhundert auch in den bürgerlichen Salons an Popularität. Mit zunehmender Professionalität entwickelte sie sich mehr und mehr zu einer öffentlichen Angelegenheit in immer größeren Räumen, wodurch ihre Intimität nach und nach verloren zu gehen drohte. Viele moderne Konzertbauten verfügen daher über kleinere Räume, die kammermusikalischen Konzerten den passenden Rahmen bietet. Innerhalb des Genres haben sich seit der Wiener Klassik einige Besetzungen fest etabliert: die Duo-Sonate etwa, das Klaviertrio, das Streichquartett als Königsdisziplin, aber auch das Bläserquintett oder das Streichoktett, wie es etwa im Abschlusskonzert des diesjährigen Kammermusikfests Kloster Kamp zu hören sein wird. Beim sommerlichen Highlight auf dem Kamper Berg treffen sich exzellente Musiker aus aller Welt, um gemeinsam Meisterwerke aus Klassik und Romantik zu erarbeiten, die in insgesamt sieben Konzerten aufgeführt werden. In den Musikerbiographien der Musiker kann man lesen, welch wertvolle Instrumente dabei zum Einsatz kommen. So spielt etwa Christopher Franzius ein Violoncello von Matteo Gofriller, das 1690 in Venedig gebaut wurde, und Jan Talich eine Violine, die 1780 von Joseph Gagliano in Neapel erschaffen wurde. Kamilla Schatz spielt eine Violine eine von Giovanni Battista Guadagnini aus dem Jahr 1722, Lena Neudauer eine von Lorenzo Guadagnini von 1743. Einen ganzen Roman füllen könnte die Geschichte des Cellos von Alexander Hülfshoff, das 1691 in Mailand von Giovanni Grancino gebaut und später nach Berlin verkauft wurde, eine Zeitlang Jean-Pierre Duport gehörte und dann Kaiser Napoléon Bonaparte, der es für seinen Sohn Eugène de Beauharnais erwarb, der in Rom lebte. Dort kam das Instrument jedoch nie an, sondern wurde in Bergamo vom Vater des Cellisten Alfredo Piatti gekauft, welcher es einige Jahre spielte, bevor er es in Budapest an David Popper verkaufte, der es wiederum seinem Schüler Robert Neumann schenkte. Der nahm das "Popper-Cello" mit nach Argentinien, wo er es gegen ein französisches tauschte. Die neue Besitzerin brachte das Instrument nach Wien und stellte es begabten jungen Musikern zur Verfügung, bis Hülshoff es 1996 kaufte. Wie bewegend der Dialog des weitgereisten Cellos mit anderen Instrumenten ist, können die Besucher des Kammermusikfests bald wieder live erleben.

(prs)
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