Kamp-Lintfort Abrissparty: Abschied von der Nachsorge-WG

Kamp-Lintfort · Die Nachsorge-Wohngemeinschaft, die am Terhardtshof in Kamp-Lintfort ihren Standort hat, läuft zum Jahresende aus. Freude des Vereins Drogenberatung Kamp-Lintfort würdigen die Arbeit.

 Das Gebäude des Nachsorge-Vereins befindet sich am Terhardtshof. Dort entsteht das Logistik-Zentrum Logport.

Das Gebäude des Nachsorge-Vereins befindet sich am Terhardtshof. Dort entsteht das Logistik-Zentrum Logport.

Foto: RP-Foto; Archiv

Die Drogennachsorge steht vor einem grundlegenden Wandel. Bislang besaß der Verein Drogenberatung Kamp-Lintfort ein Haus am Terhardtshof, in dem acht bis zwölf Personen in einer Wohngemeinschaft lebten, nachdem sie eine Drogentherapie abgeschlossen hatten. Diese Wohngemeinschaft läuft zum Jahresende aus. Um ihre die gute Arbeit zu würdigen, lud der Verein am Samstag zu einer Abrissparty ein, selbst wenn ein Abrissdatum für den Terhardtshof noch nicht feststeht.

"Das Projekt war erfolgreich", sagte Vorsitzende Eva Alexius vor 30 Freunden und Förderern des Vereins, die bei der Party in lockerer Runde Gespräche führten. "Die Rückfallquote lag nur bei fünf Prozent. Weder die Bewohner noch die Mitarbeiter der Drogenberatung oder die Vereinsmitglieder hatten geplant, dieses Projekt zu beenden. Als aber das Gelände, auf dem sich der Terhardtshof befindet, im Jahr 2014 an Logport verkauft wurde, hat der Verein das Gebäude ebenfalls verkaufen müssen."

Leider könne der Verein keine Ersatzimmobilie erwerben, um die Idee des Projektes weiterleben zu lassen. 1984 hatte die Drogenberatung auf dem Laukenhof in Altfeld mit dem Projekt begonnen. 1993 erhielt der Verein das Gebäude am Terhardtshof, das für die Nachsorge-Wohngemeinschaft umgebaut wurde. "Ich habe gelernt, morgens wieder pünktlich aufzustehen", erzählte am Samstag ein ehemaliger Bewohner. "Mit der Zeit ist mein Selbstbewusstsein gewachsen. Es war Hilfe zur Selbsthilfe." Die, die länger in der Gruppe gewesen seien, hätten die jüngeren angeleitet.

Die Bewohner hatten sich an feste Regeln zu halten, sonst flogen sie aus der Wohngemeinschaft heraus, beispielsweise bei Gewalt oder Alkoholkonsum. Sie holten Schulabschlüsse nach, bauten wieder Kontakte zu Familienangehörigen oder Freunden auf und fanden zum Teil wieder Arbeit. Manche wohnten nur ein halbes oder ein ganzes Jahr in der Nachsorge-Wohngemeinschaft, die meisten aber mehrere Jahre. "Jeder konnte bestimmen, wie lange er bleibt", sagt Vorsitzende Eva Alexius. In 32 Jahren lebten zusammen 200 Bewohner in der Wohngemeinschaft. Vor allem in den 1990er Jahren genoss sie viel Anerkennung.

"Diese jungen Leute in Kamp-Lintfort haben einen Durchbruch geschafft in einem miserablen System", sagte damals Dr. Karl Deissler, Arzt und Fachmann für Suchtprävention. "Ich gebe ihnen große Chancen für die Zukunft. " Diese Zukunft läuft jetzt aus, auch weil Nachsorge-Wohngemeinschaften heutzutage von Fachleuten kritischer gesehen werden, da sich im Internetzeitalter Verhaltensweisen verändert hätten.

Die Wohngemeinschaft nimmt keine neuen Mitglieder mehr auf. Alle acht, die noch in ihr leben, haben woanders Wohnungen gefunden, teilweise durch ihre eigene Initiative, teilweise durch Unterstützung von Mitarbeitern der Drogenberatung. "Das ist erfreulich", sagt Eva Alexius.

(got)
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