Kaarst Wie Kaarst die Flüchtlingskrise stemmt

Kaarst · Im Sozialausschuss hat die Verwaltung jetzt einen aktuellen Bericht zur Lage geliefert. Fazit: An allen Ecken und Enden packen Menschen an, um die Situation in den Griff zu bekommen. Die Hilfsbereitschaft ist groß.

 Seit dem 1. Juli ist Susanne Enkel - hier beim Besuch in der Notunterkunft an der Bussardstraße - bei der Stadt Kaarst für die psychosoziale Betreuung von Flüchtlingen zuständig. "Meine Arbeit macht mich glücklich", sagt sie.

Seit dem 1. Juli ist Susanne Enkel - hier beim Besuch in der Notunterkunft an der Bussardstraße - bei der Stadt Kaarst für die psychosoziale Betreuung von Flüchtlingen zuständig. "Meine Arbeit macht mich glücklich", sagt sie.

Foto: A. Woitschützke

569 Flüchtlinge leben derzeit in Kaarst, 470 kamen in diesem Jahr, die Verwaltung geht davon aus, dass weitere 100 bis 150 Menschen hinzukommen werden - jeden Monat. Vor diesem Hintergrund sprach Sozialdezernent Sebastian Semmler im Sozialausschuss jetzt von einer "dramatischen Lage". "Wir bewegen uns am Limit", sagte er. Wie hoch die Kostenbelastung ist, machte Semmler an einem Beispiel deutlich: "Für Security und Catering für die Menschen, die in zwei Turnhallen untergebracht sind, müssen wir rund 100.000 Euro im Monat aufbringen. Zum Glück haben wir zahlreiche Wohnungen anmieten können, sonst wären längst Flüchtlinge in allen unseren Turnhallen." Der Sozialdezernent ließ im Ausschuss auch keinen Zweifel daran, dass die Verhandlungsposition der Stadt eher schwach ist: "Wir hängen am ausgestreckten Arm der Vermieter", sagte er.

Zahlen Die Flüchtlinge, die derzeit in Kaarst leben, kommen aus 32 Staaten. Die größte Gruppe bilden die Syrer mit 114 Personen. Es gibt 58 Flüchtlingsfamilien und rund 250 alleinstehende Männer. Sechs Flüchtlinge aus Mazedonien und Albanien sind in diesem Quartal freiwillig in ihre Heimat zurückgekehrt.

Wohnraum "Es wird immer schlimmer". So beschrieb Frank Schnitker, bei der Stadt für die Bereitstellung von Wohnraum für Flüchtlinge zuständig, die aktuelle Lage im Ausschuss. Viele Unterkünfte seien total überbelegt. So sind die Häuser Rotdornstraße und Bäumchensweg für 28 Personen ausgerichtet, dort lebten zurzeit allerdings 48 beziehungsweise 64 Menschen. "Die Stadt hat aktuell 26 private Wohnungen angemietet, dort sind 51 Flüchtlinge untergebracht", berichtete Schnitker. Weiterer Wohnraum werde dringend benötigt, die Stadt ist in Verhandlungen mit möglichen Vermietern. "65 Wohnungsangebote sind noch in der Bearbeitung."

Unterkünfte "Unser Gebäudemanagement arbeitet gegen die hohen Flüchtlingszahlen an", erklärte die Technische Beigeordnete Sigrid Burkhard. Der Bauantrag für den sozialen Wohnungsbau an der Hubertusstraße sei eingereicht worden. An der Ludwig-Erhart-Straße ist im Frühjahr beziehungsweise im Sommer mit dem Baubeginn zu rechnen. In Vorst sollen die Module noch in diesem Monat geliefert werden. Die Unterkünfte in Holzmodulbauweise am Bauhof könnten im April beziehungsweise Mai bezugsfertig sein. Dort wird Platz geschaffen für 75 Flüchtlinge. An der Büttgerstraße in der Nähe des Kaarster Bahnhofs ist ein Modul vorgesehen. Sebastian Semmler berichtete, dass an der Daimlerstraße ein Bürogebäude angemietet wurde: "Hier soll eine Art Sammelunterkunft eingerichtet werden, von hier aus sollen die Flüchtlinge auf andere Standorte verteilt werden." An der Novesiastraße soll ein Gewerbegebäude in Schlichtwohnungen umgewandelt werden. Es werden Fünfjahresmietverträge abgeschlossen. Das Unterbringungskonzept wurde einstimmig beschlossen.

Internet, Gesundheitskarte Über beide Themen wird im Rahmen der Haushaltsberatungen diskutiert.

Angebote Susanne Enkel kümmert sich seit dem 1. Juli um die psychosoziale Betreuung der Flüchtlinge in Kaarst. Ihr Tätigkeitsbericht machte deutlich, dass enorm viele Menschen die Schutzsuchenden unterstützen. "Wir haben gerade heute erst 30 PCs gespendet bekommen", sagte Enkel. Bewerbungstraining steht ebenso auf dem Programm wie ein Gartenprojekt, Kochangebote sowie Handarbeitskurse. "Es ist wichtig, dass wir vorhandene Netzwerke nutzen können", erklärte Enkel. Die Jugendzentren seien sehr kooperativ, die Feuerwehr bringe sich ein, im Februar starte eine Kooperation mit der Polizei. Therapeuten hätten sich bereiterklärt, traumatisierten Flüchtlingen zu helfen. In enger Zusammenarbeit mit der Volkshochschule finden Alphabetisierungskurse statt. Außerdem bekommt jeder Flüchtling die Möglichkeit, Deutsch zu lernen.

(barni)
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