Kaarst Radsportler geben Syrer eine Heimat

Kaarst · Fünfmal pro Woche verlässt Ahmed Sharaf die Flüchtlingsunterkunft in Düsseldorf, wo der 21-jährige Syrer derzeit lebt, und fährt mit der Bahn nach Kaarst. Sein Ziel ist die Radsportabteilung der SG Kaarst.

 Ahmed Sharaf (r.) war in seiner Heimat Syrien Radsportler im Nationalteam. Nun gehört er bei der SG Kaarst mit Berivan Iltümür (l.) und Torben Xanke zum Trainingsteam von Sabine Xanke (2.v.l).

Ahmed Sharaf (r.) war in seiner Heimat Syrien Radsportler im Nationalteam. Nun gehört er bei der SG Kaarst mit Berivan Iltümür (l.) und Torben Xanke zum Trainingsteam von Sabine Xanke (2.v.l).

Foto: Berns, Lothar (lber)

Ahmed Sharaf war Radsportler im syrischen Nationalteam. Zahlreiche Fotos auf seiner Facebook-Seite zeugen von seiner aktiven Zeit, als er noch in Damaskus lebte. Bei der SG hat er eine Möglichkeit gefunden, wieder seinen Leistungssport zu betreiben. Über einen Radsportladen in Düsseldorf habe er von den guten Trainingsbedingungen in Kaarst erfahren, erzählt er. Sein Deutsch ist noch rudimentär, aber er lebt auch erst seit fünf Monaten in Deutschland. "Als wir ihn kennenlernten, wussten wir sofort, der muss nach Kaarst", erzählt Sabine Xanke. Gemeinsam mit Horst Teutenberg und Martin Thissen trainiert sie rund 15 Radsportler in Kaarst auf Leistungsniveau.

Ahmed Sharaf ist begeistert von dem Training in Kaarst. Gemeinsam mit anderen Leistungsradfahrern wie beispielsweise der 17 Jahre alten Nina Höfgen oder der 12-jährigen Berivan Iltümür trainiert er regelmäßig. Im Winter sind sie in ihrem Radsportkeller bei der SG Kaarst und in der Büttgener Radsporthalle aktiv. Im Sommer trainieren sie auf der Straße. Zusätzlich steht regelmäßiges Lauftraining und Ergometertraining auf dem Programm.

Mittels Wattmessgeräten kann Sabine Xanke das individuelle Leistungsniveau jedes Sportlers bestimmen und effektive Trainingspläne erarbeiten. "Der Puls ist ein Parameter, aber wir trainieren nach Wattzahl", erklärt die 55-Jährige, deren Mann und Sohn beide aktive Radsportler sind. Sie hat vor einiger Zeit die B-Trainer-Lizenz erworben.

"Deutschland ist weit professioneller im Radsport, auch die Trainingsbedingungen sind besser als in Damaskus", erzählt Ahmed Sharaf und wechselt dabei zwischen Deutsch und Englisch. Aber nicht nur die optimalen Trainingsbedingungen weiß Ahmed Sharaf zu schätzen, auch die Gemeinschaft der Truppe.

"Wir haben hier fast familiäre Strukturen", sagt Horst Teutenberg. 2002 hat der mittlerweile 78-Jährige bei der SG Kaarst eine eigene Radsportabteilung gegründet. Der Name Teutenberg ist im Radsport eine Größe: Seine drei Kinder Lars, Sven und Ina-Yoko sind alle bekannte Profiradfahrer. Vater Horst, einst Schwimmer und Hockeyspieler, absolvierte seinen A-Trainer-Schein, als Sohn Lars ihm sagte, er wolle Radrennen fahren.

Unter der altersgemischten Leistungssportgruppe - zwischen zwölf Ende 50 - sind auch Fahrer, die keine Rennen mitmachen. Wie Frank Leinen, der gemeinsam mit seinem 15 Jahre alten Sohn trainiert. Der Uni-Professor genießt das Training nach dem Arbeitstag. "Es ist ein schönes Gruppenerlebnis: Man ist an der frischen Luft, schätzt die Verlässlichkeit im Team und hat zudem eine Leistungserfahrung, die glücklich macht", sagt der 56-Jährige.

Sicherlich sei der Radsport durch Dopingvorfälle entzaubert worden, sagt Leinen, und Teutenberg fügt hinzu: "Diese Skandale haben uns schwer getroffen." Daher habe die aktive Nachwuchsförderung bei der Fachabteilung Radsport einen hohen Stellenwert. Teutenberg: "Wir sind besonders glücklich, wenn wir Sportler finden, die in der Lage sind durch konsequentes Training - manchmal bis zur Kasteiung - erfolgreich zu sein."

(NGZ)
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