Kaarst Knallhartes politisches Kabarett im AEF

Kaarst · Der niederländisch-deutsche Kabarettist Philip Simon hat den niedlichen Akzent abgelegt.

 Beim Thema Waffenexport zog Philip Simon einen Revolver.

Beim Thema Waffenexport zog Philip Simon einen Revolver.

Foto: -hn

Philip Simon, der niederländisch-deutsche Kabarettist, hat sich neu erfunden. Er macht knallhartes politisches Kabarett und deshalb tritt er seit drei Jahren mit akzentfreiem Hochdeutsch auf - die verniedlichend wirkende niederländische Sprache passe nicht mehr zu den harten Themen, die die Welt bewegen. Die Neuausrichtung scheint sich gelohnt zu haben: Das Albert-Einstein-Forum war zu seinem Programm "Anarchophobie" ausverkauft.

Simon zeigt eine Wortgewalt, wie man sie sonst allenfalls von Jochen Malmsheimer gewohnt ist, der aber weit weniger politisch missionierend unterwegs ist. Und ebenso wie Volker Pispers macht Philip Simon gigantische Rechnungen auf. Er verknüpft die Bankenrettung mit der Flüchtlingskrise und kommt unterm Strich zu folgendem Resultat: "Für die Milliarden für die Rettung der Banken hätte man jedem Flüchtling 200 Integrationskurse bieten können."

Dramatik bringt der ansonsten sehr gelassen wirkende Kabarettist ins Spiel, als er einen Revolver rausholt - ein guter Stichwortgeber für Kleinkünstler, die das Thema "Waffenexport" als zwingenden Bestandteil ihres Programms begreifen. Was ihn wundert und einen Teil des schwarzen Humors widerspiegelt: "Die meisten Selbstmörder in Deutschland erhängen sich - sie wollten einfach mal die Seele baumeln lassen." Aus "sozialen Netzwerken" werden "soziopathische Netzwerke" und dass Angela Merkel weiterhin Kanzlerin ist, liege am Vergessen der Menschen, konstatiert der Kabarettist. Was Simon beklagte: "Wir haben zu viele Realitätsflüchtlinge in Deutschland." Wirklich neue Themen hatte er nicht im Angebot, das machte das Programm bei aller Sprachgewalt ein wenig fade. Lobbyismus, Islam-Phobie, die böse Bild-Zeitung und die mächtige Zucker-Industrie, das sind nur zum Teil real existierende Probleme.

Der Kabarettist mit ausgeprägten Ambitionen zum Philosophieren stimmte nachdenklich, er beklagte Reaktion statt Reflexion und ist sich sicher: "Früher oder später machen wir immer, was andere wollen." Was ihn sonst noch so umtreibt: "Es gibt immer weniger besorgte Bürger als Bürger, denen es mal wieder besorgt werden muss."

(barni)
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